Sep 23

Die elektronische Bewerbungskultur verkommt zum ‚Trash‘.

Autor: PersonalRadar

Die klassische Bewerbungsmappe ist tot. Sie wurde durch die elektronische Bewerbung verdrängt. Ist dadurch die Qualität besser geworden? Nein!

Die klassische Bewerbungsmappe ist tot. Die Digitalisierung hat ihr den Garaus gemacht (Bildquelle: www.pixabay.com)

Schrieb früher eine grössere Firma mehrere Stellen aus, dann konnte man davon ausgehen, dass in den folgenden Tagen eine grosse Flut an schriftlichen Bewerbungen per Post eingehen wird. Die Briefumschläge mussten geöffnet werden, die Bewerbungen wurden auf ihren inneren Wert geprüft und danach entweder zu den Absagen gelegt oder Bewerbende zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Das Prozedere hat sich nicht gross geändert. Einzig der Sende – und Zustellungsmodus ist moderner geworden. Inzwischen ist die Papierbewerbung faktisch verschwunden.

Viele nehmen diese Art der Bewerbung nach wie vor nicht besonders ernst und sind oft genug der trügerischen Meinung, dass alles erlaubt sei. Dem ist nicht so. Eine klassische, sorgfältig aufbereitete Bewerbungsmappe mit regelkonformen Inhalt war schon immer ein ‚Eyecatcher’. Solche Bewerbungen wurden anders angefasst und verarbeitet, da auf den ersten Blick klar war, dass die bewerbende Person doch recht viel Zeit und Mühe für ihre Bewerbung in Anspruch nahm, um ein ansprechendes Resultat zu erreichen. Schliesslich ist der erste Eindruck immer noch wichtig. Selbst bei sogenannten Spontan- oder Initiativbewerbungen wurde in der Regel viel Zeit in die Bewerbungsmappe investiert, um einen guten wie auch bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Die zahlreichen Möglichkeiten zur elektronischen Bewerbung haben viel vereinfacht.

Die Kosten für Papier, Umschlag und Briefmarken fallen weg. Auch der Gang zum Postamt oder das Einwerfen des Briefes sind nicht mehr nötig. Zudem ist auch die Verarbeitung wesentlich schneller geworden. Bestätigungsschreiben, Wartebriefe oder Absagen können heute auf einfachste Weise elektronisch versendet werden. Viele Unternehmen betreiben einen nicht zu unterschätzenden Aufwand, um möglichst ein gutes, effizientes und sinnvoll gestaltetes Selektions-, Absage- und Interviewmanagement zu bieten. Darum erstaunt es nicht schlecht, dass viele Bewerbende sich nach wie vor dazu hinreissen lassen, elektronische Bewerbungen zu versenden, die den modernen Ansprüchen immer noch nicht genügen.

Folgendes wird immer wieder falsch gemacht:

  • Motivationsschreiben werden spontan geschrieben und oft genug weder auf fehlende Grammatik oder Stilblüten geprüft. Hauptsache ein Text ist da. Wenn die Deutsch- oder Englischkenntnisse im Lebenslauf als gut, sehr gut bis fliessend deklariert werden, dann muss auch das Motivationsschreiben in diesen Sprachen tadellos sein. Das Durchlesen des Textes und die eingehende Prüfung auf Fehler ist unverzichtbar. Schnell kann eine Bewerbung zu den Absagen kommen, wenn schon ganz am Anfang der Eindruck nicht stimmt. Das billige Daherkommen, kann teuer werden. Der ersehnte, passende oder interessante Job sucht die Flucht.
  • Motivationsschreiben müssen nach wie vor einen klaren Bezug zur Stelle haben. Die angeblich so klugen ‚Textkonserven’, die man sich aus dem Internet runterladen kann, können leicht zum Rohrkrepierer werden. Der Lesende muss spüren, dass der Text ausschliesslich für ein spezifisches Stellenangebot gestaltet wurde. Das zeugt von Interesse, Fähigkeit und Engagement! Ist man ratlos, dann ist guter Rat nicht teuer. Jeder verfügt über Kontakte und persönliche Unterstützung durch Sachverständige, die weiter helfen können. Motivationsschreiben, die das persönliche Leben ausbreiten oder ellenlang sind, löschen ab. Der Spruch ‚In der Kürze liegt die Würze‘ gilt nach wie vor.
  • Der erste Schritt einer erfolgreichen Bewerbung ist ein korrekt ausgefülltes elektronisches Bewerbungsformular (Bildquelle: www.pks-jobs.ch.)

    Die Bewerbung kommt in verschiedenen Formaten daher. Das Motivationsschreiben wird als Word (.doc) versendet, die Arbeitszeugnisse sind mit Acrobat Reader (.pdf) eingescannt, die Diplome werden als Bilddatei (.pic, .bmp, .jpeg usw.) versendet und oft genug kommt sogenannte Gratissoftware (Freeware) zum Einsatz, die viele Firmen weder richtig verarbeiten noch empfangen können oder wollen, weil die Sicherheitsvorschriften und die konfigurierten Firewalls das nicht zulassen. Auch hier ist es wichtig, dass die Bewerbung softwaretechnisch aus einem Guss ist. Am besten ist das sogenannte PDF Format.

  • Zu oft besteht die Bewerbung aus mehr als 3 Dateien. Nein viel schlimmer, jedes einzelne Arbeitszeugnis oder Diplom wird als Einzeldatei an die E-Mail angehängt oder in die Datenbank eingefügt, damit der Empfangende jedes Dokument Schritt für Schritt aufmachen muss, bevor er es ansehen oder ausdrucken kann. Solche Bewerbungen sind ein Ärgernis und eine Zumutung für jene, die sie sichten und verarbeiten müssen. Die Vorgehensweise ist eigentlich ganz einfach: Die Bewerbung sollte aus nicht mehr als 3 Dateien bestehen. Nämlich a) Motivationsschreiben, b) Lebenslauf und c) Arbeitszeugnisse mit Diplomen und Zertifikate. Kann die ganze Bewerbung in eine Datei gepackt werden, möglichst im PDF-Format, ist das sozusagen die perfekte elektronische Bewerbungsmappe. Der Empfangende muss dann nur noch eine Datei öffnen und kann sich bequem durch das ganze Dokument scrollen. Allerdings, und das ist auch wieder eine Herausforderung, sind die Empfangssysteme auf eine gewissen File-Grösse abonniert. Ist das Dokument zu gross, geht es nicht durch und wird aus Gründen der Sicherheit abgelehnt. Da bleibt einem nur die Möglichkeit, das File zu komprimieren oder es dann aufgeteilt zu versenden. Mit dem sogenannten PDF24 Creator, können verschiedene Dokumente ganz einfach und bequem zusammen gefügt werden.
  • Das Senden einer Bewerbungen, die auf eine persönlich Webpage verweist, wo alle Daten passwortgeschützt zugänglich gemacht werden, ist auch nicht gut. Das ist zwar bequem für den Bewerbenden, aber meistens ein Ablöscher für die Personalabteilung. Diese will eine Bewerbung in der gewohnten Art und Weise erhalten. Das Bewerbungsritual, auch wenn es elektronisch abgewickelt werden kann, ist immer noch ein erzkonservativer Arbeitsprozess und eignet sich kaum für technische Experimente. Zudem machen Bewerbungen, die grafisch überladen sind, meistens misstrauisch. Oft wird damit das Gefühl provoziert, dass der Bewerbende ein Taktik der Camouflage betreibt und was zu verbergen hat. Bewerbungsdossiers die mit gutgemeinten, geheimnisvollen grafischen Ornamenten daherkommen, werden immer ein wenig argwöhnisch beäugt. Ist die Grafik überladen, schlecht strukturiert oder kommt billig daher, dann hat man schon verloren. Entweder man lässt es sein oder macht die Grafik wirklich harmonisch ausgewogen, damit die Neugierde auf den Inhalt angeregt wird und die Vorfreude steigt.

Ein professionell erstelltes Portraitfoto ist immer noch Gold wert. Profis wissen, wie man sich ins rechte Licht rückt, damit ihre Präsenz möglichst effektiv zur Geltung kommt (Bildquelle: www.pixabay.com)

  • Die Foto auf der Bewerbung schafft immer wieder hitzige Diskussionen. Eine Bewerbung ohne Foto ist wie Brot ohne Hefe – es geht nicht auf. Eine gute und professionell gemachte Foto kann Wunder wirken. Die wenigsten sind Schönheiten. Nur Modellagenturen suchen diese für ihre Fashionkataloge und Catwalks. Firmen suchen in der Regel einfach passende Qualifikationen von Bewerbenden, die in 99% der Fälle durchschnittlich aussehen. Ein vernünftiges Bild ohne viel Schnickschnack oder Firlefanz, das authentisch wirkt, lässt Bewerbende ins rechte Licht rücken. Männer haben es einfacher. Sie fahren kurz durchs Haar, ziehen ein Hemd und ein Veston an und die Sache ist geritzt. Selbst der Bartschatten ist heute ‚en vogue‘. Bei den Frauen ist man viel kritischer. Stimmt die Frisur? Ist der Schmuck zu teuer, zu billig, zu bieder oder zu ethnologisch? Ist das Konterfei zu stark geschminkt, die Wimpern echt oder die Haarverlängerung krumm? Professionelle Fotografen und Fotografinnen wissen wie man im besten Licht erscheint, damit das Bild nicht den Inhalt der Bewerbung überstrahlt und die Selektion in eine Richtung geht, die der Qualifikation nie und nimmer gerecht wird.
  • Sollte die Stellenausschreibung einer Firma über ein elektronisches Bewerbungsformular gesteuert sein, ist es wichtig, die vorgegebenen Arbeitsschritte zu respektieren und die gewünschten Daten sauber einzugeben. Solche Applikationen sind keine Spielkonsolen, wo man nach dem Prinzip von ‚Plug & Play’ einfach mal etwas eingibt. Die Qualität der Eingabe von persönlichen Daten lässt nämlich darauf schliessen, ob sie mit dem Computer umgehen können, die Sache ernst nehmen und sich auch mal ein wenig mehr als nur fünf Minuten auf die gleiche Sache konzentrieren können.

Eine gute elektronische Bewerbung braucht Zeit, solide IT Kenntnisse, Konzentration und der Wille mit einer korrekten Bewerbung Chancen zu realisieren. Positiv auffallen mit einer guten Präsentation der Bewerbung ist schon die halbe Miete.