Dez 10

Schlüsselbranchen der Metropolitanregion Basel – Perspektiven 2020

Autor: metrobasel

Auch in der Metropolitanregion Basel sind die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu spüren. Während sich die Anzeichen für ein Ende der Krise mehren, sind sich selbst Experten hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Auswirkungen unsicher. Diese Unsicherheit überträgt sich auf die Medien und die Gesellschaft insgesamt und für viele Einwohner und Einwohnerinnen stellt sich die Kernfrage: wie sicher ist mein Arbeitsplatz, vor welchen Herausforderungen steht mein Unternehmen und wie sind die mittelfristigen Perspektiven meiner Branche einzuschätzen?

(Quelle: metrobasel)

Vor diesem Hintergrund wurden in der metrobasel studie „Schlüsselbranchen der Metropolitanregion Basel: Perspektiven 2020“ die Perspektiven der 11 zentralen Branchen der Region analysiert:

Pharmaindustrie, Agrartechnologie, Spezialitätenchemie, Medizinaltechnik, Investitionsgüterindustrie, Banken, Versicherungen, Verkehr/Logistik, Messewesen, Tourismus und Kreativwirtschaft. Die Prognos AG, Basel hat diese Studie in den Monaten Juli bis Oktober 2009 unterstützt durch BAK Basel sowie ein rund 35-köpfiges metrobasel Perspektiventeam und Branchenexperten mit dem Ziel erarbeitet, einen umfassenden Überblick über die Schlüsselbranchen der Region zu geben.

Basis ist ein Blick auf die jeweilige Entwicklung in jüngster Vergangenheit. Darauf aufbauend werden die zentralen marktseitigen und standortspezifischen Einflussfaktoren diskutiert. Somit umfasst die Analyse die gesamte Bandbreite von der Konkurrenzanalyse, über die konjunkturelle Abhängigkeit, die Einflüsse internationaler Regulierung bis zu standortspezifischen Regulierungsaspekten, die Kooperation mit Forschung und Lehre, die Infrastruktur und die allgemeine Standortattraktivität.

Bis 2020: 11 Schlüsselbranchen als Wachstumstreiber

Das zentrale Ergebnis der Studie ist, dass die Metropolitanregion Basel über 11 primär exportorientierte Schlüsselbranchen verfügt, die grundsätzlich gut für die zukünftigen Herausforderungen positioniert sind. Die grosse Mehrheit der Schlüsselbranchen beabsichtigt, Arbeitsplätze in der Region aufzubauen. Auf Basis der Unternehmensaussagen kann mit einem direkten Beschäftigungsaufbau in Höhe von rund 20.000 Arbeitsplätzen in der Region bis 2020 gerechnet werden.

Diese qualifizierte Schätzung übertrifft die Erwartungen der beteiligten Institute deutlich. Wachstumstreiber werden die Life-Science-Branchen sein. Zudem verfügt die Region über ein mehrheitlich konjunkturresistentes Branchenportfolio und dürfte ohne grosse Einbrüche aus der Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgehen.

Diese Aspekte können nicht hoch genug bewertet werden, denn vergleichbare Regionen verfügen in der Regel nur über einige wenige Branchen mit positiver Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung. Allerdings sind diese positiven Aussichten nicht selbstverständlich und erfordern Anstrengungen aller Akteure in der Region, wenn es darum geht, das Erreichte zu erhalten und punktuell zu verbessern.

Trotz attraktiver Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen…

Es zeigt sich, dass die Metropolitanregion Basel über eine Vielzahl positiver Standortfaktoren verfügt, die weiterhin gepflegt werden müssen. Dazu gehören die fiskalische Attraktivität, der flexible Arbeitsmarkt sowie der einfache Zugang zu hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräften (Personenfreizügigkeit). Es konnten jedoch einige branchenübergreifende Einflussfaktoren identifiziert werden, die Handlungsbedarf signalisieren, damit die Branchen ihr Wachstums- und Beschäftigungspotenzial ausschöpfen können. Die zentrale marktseitige Gemeinsamkeit der Schlüsselbranchen ist die starke Exportorientierung. Die umsatzmässig bedeutendsten Absatzmärkte werden auch zukünftig Westeuropa und Nordamerika sein, die Dynamik der Entwicklung wird allerdings von den Schwellenländern – insbesondere China und Indien – ausgehen. Hier spielt für einzelne Branchen die demographische Entwicklung in den jeweiligen Märkten eine zentrale Rolle.

Einige Branchen sind in einem stark regulierten Umfeld tätig. Dazu gehören neben den Life Sciences auch die Finanzdienstleistungen. Hier ist zukünftig mit stärkeren internationalen Regulierungsbemühungen zu rechnen, beispielsweise im Bereich der Zulassungsbedingungen von Medikamenten oder für Finanzdienstleistungen im Nachgang der Finanzkrise. In den genannten Branchen ist auch mit standortspezifischen Regulierungen auf nationaler Ebene zu rechnen.

Die Ausbildung von hochqualifizierten Arbeitskräften und eine starke Grundlagenforschung an den Hochschulen sind mitentscheidend für die zukünftige Entwicklung der Branchen in metrobasel. Praktisch sämtliche Schlüsselbranchen sind auf hochqualifiziertes Personal angewiesen, das zum Teil nur aus dem Ausland angeworben werden kann. Somit kommt dem Faktor Lebensqualität in der Metropolitanregion Basel eine ausserordentliche Bedeutung zu.

….verbleibt ein Handlungsbedarf

Diese Einflussfaktoren wirken grundsätzlich branchenübergreifend, so dass die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen ebenfalls übergreifend gelten:

  • Einfacheren Zugang zu den Absatzmärkten mittels entsprechender Freihandelsabkommen, bei gleichzeitigem Schutz des geistigen Eigentums
  • forschungsfördernde Ausgestaltung von Preis-, Zulassungs- und Forschungsregulierungen
  • Vermeidung von die Standortattraktivität schädigenden nationalen Alleingängen in der Regulierung, insbesondere im Bereich der Finanzdienstleister
  • Verbesserung der Erreichbarkeit der Region mittels Infrastrukturinvestitionen
  • Gezielte Investitionen in Forschung und Bildung, insbesondere in naturwissenschaftliche Fächer und Ausbau der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft
  • Steigerung der Attraktivität und Lebensqualität der Region für Arbeitskräfte, Touristen und die Host City-Funktion (Messe).

Von Branche zu Branche

Die Perspektiven der elf Schlüsselbranchen sehen aufgrund der metrobasel-Studie wie folgt aus:

Pharma:

Sie bekennt sich ausdrücklich zum Standort Basel und investiert entsprechend langfristig. Die Koexistenz von grossen multinationalen Konzernen, Start-up-Firmen, führenden Hochschulen und dem Cluster biomedizinischer Forschung schaffen einen fruchtbaren Boden für weitere Neugründungen. Die Produkte-Pipelines von Roche und Novartis sind gut gefüllt.

Agro:

Diese Branche, repräsentiert durch Syngenta, hat global ein hohes Wachstumspotenzial, das aber in der Region unter dem von Pharma liegt. Die Verankerung in den jeweiligen Märkten wird zunehmen. Der Aufbau neuer Forschungs- und Entwicklungszweige findet wegen der strikten Regulierung ausserhalb der Schweiz statt.

Spezialitätenchemie:

Diese Industrie steht vor harten Zeiten. Ihr machen der anhaltende Konkurrenzdruck und die Sandwich-Position zwischen mächtigen Zuliefern und Abnehmern zu schaffen. Weitere Restrukturierungen sind angesagt. Die Beschäftigung wird kurz- und mittelfristig sinken. Wenn sich die Unternehmen mit innovativen Produkten behaupten, kann der Abwärtstrend gestoppt werden.

Medizinaltechnik:

Deren Vorzeichen sehen ausgesprochen gut aus. Die globale Nachfrage steigt durch den demografischen Wandel sowohl in den Industriestaaten als auch in den Schwellenländern. Zusätzlich sorgt das zunehmende Wohlstandsniveau für mehr Bestellungen.

Investitionsgüterindustrie:

Der rezessionsbedingte Absatzeinbruch der mit Schwergewicht im Südbadischen tätigen Branche führt dazu, dass einige Maschinenbausegmente erst 2012 wieder das Umsatzniveau von 2007 erreichen. Die Anzahl der Angestellten in der Branche nimmt bis 2020 leichtzu. Bedeutender ist der Zuwachs in der Mess- und Regeltechnik. Für die Automobilzulieferer fällt die künftige Entwicklung unterdurchschnittlich aus.

Banken:

Der Schweizer Bankensektor wächst aufgrund der Standortvorteile schneller als die Gesamtwirtschaft. Die Basler Institute jedoch entwickeln sich langsamer im Vergleich zur Zürcher Konkurrenz, im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt aber dynamischer. Am Standort Basel gelten die Retail-, Kantonal- und Privatbanken als Stützen. Der grösste Personalabbau bei den Grossbanken UBS und Credit Suisse dürfte vollzogen sein. Die Erträge und Gewinne dürften stärkere Zuwächse als die Beschäftigung erzielen.

Versicherungen:

Die lokalen Versicherer sehen sich einem gesättigten Heimmarkt gegenüber. Der globale regionale und globale Bedarf nach Vorsorgeprodukten bedeutet eine Chance. Erhebliche Möglichkeiten sind in der Anpassung der regulatorischen und steuerlichen Rahmenbedingungen auszumachen. Die Beschäftigung entwickelt sich positiv.

Verkehr und Logistik:

Getrieben von der Entwicklung der Rheinhäfen, dem Ausbau der Südzone des EuroAirports und dem Wachstum der hiesigen Firmen steht die Branche vor hoffnungsvollen Jahren. Eine Verbesserung der Infrastruktur kann die Dynamik beschleunigen. Unabhängig davon sollte sich die positive Entwicklung der Basler Logistikbranche nach Ende der Rezession fortsetzen, sowohl hinsichtlich der Beschäftigung als auch der Erträge.

Messewesen:

Die starke nationale Position und vor allem auch die Modernisierung des Geländes verleihen der Messe Schweiz einen zusätzlichen Schub. Der Bereich Event Services unterstützt die Entwicklung, insbesondere durch die Auslandsaktivitäten. Die Messen „Baselworld“ und „Art Basel“ sind die Flaggschiffe und führen zu mehr Beschäftigung. Eine dritte weltweit führende Messe wird allerdings mit 2020 voraussichtlich nicht auf die Beine gestellt werden können.

Tourismus:

Mit der Erholung der Weltwirtschaft verbreitert sich der Touristenstrom wieder. Basel zählt auf sein kulturelles Angebot und Erreichbarkeit. Weil mit der Messe, der Erweiterung des Kunstmuseums und diversen Verkehrsprojekten respektable Investitionsprojekte fertiggestellt werden, rechnet der Tourismus tendenziell auch mit einer zunehmenden Beschäftigung.

Kreativwirtschaft:

Die hervorragende kulturelle Infrastruktur festigt den Standort der Metropolitanregion Basel. Innerhalb der Kreativwirtschaft generieren Architektur und Kunst bis 2020 tendenziell mehr Beschäftigung. Die öffentliche finanzielle Unterstützung bedeutet ein wichtiger Einkommensbestandteil. Andere Segmente, zum Beispiel der Buchmarkt, verlieren hingegen an Bedeutung.

Die metrobasel Studie kann bei der Geschäftsstelle von metrobasel, Aeschenvorstadt 4010 Basel Tel. 061 272 11 44, Email: office@metrobasel.org bestellt werden.