Feb 18

Vernünftige Sozialpläne – eine Chance auch für KMU.

Autor: Elisabeth Spreng Troller

Bei einer Restrukturierung mit Massenentlassung empfiehlt sich ein Sozialplan. Eckpfeiler sind Massnahmen zum beruflichen Neustart für Gekündigte, Zukunftsperspektiven für Verbleibende, Information für Kunden und Öffentlichkeit. Ein gut konzipierter Sozialplan als Teil eines kontrollierbaren Krisen-Managements ist auch für KMU finanzierbar (von Elisabeth Spreng Troller, Biochemikerin und Personalfachfrau. Inhaberin der Spreng Consulting GmbH, Basel)

Sozialplan: freiwillige Leistung des Arbeitgebers – kein Obligatorium

In der Schweiz ist ein Sozialplan eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers bei einer Restrukturierung mit Massenentlassung. 2002 gab es Pläne für ein Obligatorium. Im Bundesamt für Justiz war man daran, eine Vorlage für eine Änderung des Obligationenrechts zu erarbeiten. Damit wäre ein wichtiges Instrument der Sozialpartnerschaft reglementiert worden ohne dass für die Betroffenen – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ein Nutzen entstanden wäre. Seien wir froh, dass Bundesbern etwas langsamer funktioniert! Weil die Rahmenbedingungen weiterhin offen sind, betrachte ich Sozialpläne als taugliches Mittel um wirtschaftliche und menschliche Folgen einer Massenentlassung, also einer Restrukturierung mit Entlassung einer grösseren Anzahl von Mitarbeitenden, abzufedern.

Sozial – unverschämte Forderung?

Das Wort „sozial“ ist mit einem negativen Image belastet. Meist assoziiert sich damit eine Forderung mit beträchtlichen finanziellen Folgen, für KMU nicht realisierbar. Dies führt dazu, dass auch der Begriff „Sozialplan“ auf Widerstand stösst. Zu Unrecht, denn ein vernünftiger Sozialplan trägt dazu bei, den guten Namen einer Firma auch in schwierigen Situationen zu erhalten. Ziehen die Sozialpartner am richtigen Strick in die gleiche Richtung, so entsteht ein Gebilde, das gut schweizerische Kompromisse beinhaltet und tragfähige Lösungen bringt.

Rahmenbedingungen für einen Sozialplan

  • Wieviel Kapital steht zur Verfügung?
  • Wieviel Zeit steht zur Verfügung?

Finanzielle Möglichkeiten

Restrukturierungen erfolgen unter finanziellem Druck. Für einen Sozialplan steht wenig Kapital zur Verfügung. Sind die finanziellen Mittel knapp, so muss haushälterisch damit umgegangen werden – ein Sozialplan wird mehrere „nicht-pekuniäre“ Aspekte haben.

Zeitraster

Je seriöser eine Restrukturierung geplant wird, desto weniger Geld kostet sie. Dieser provokative Satz, hat sich schon mehrfach bewahrheitet. Warum bewährte Mitarbeitende entlassen und dafür teures Geld für Temporäre ausgeben? Oder dann restrukturieren, wenn ein Umkehrtrend in der Wirtschaft sich abzeichnet? Oder zuwarten bis der Konkurs angemeldet werden muss?

Interne und externe Eckpfeiler eines Sozialplans

  • Massnahmen für Mitarbeitende, die Firma verlassen
  • Massnahmen für Mitarbeitende, die in Firma verbleiben
  • Massnahmen gegenüber Öffentlichkeit
  • Massnahmen gegenüber Kunden

Interne Eckpfeiler eines Sozialplans

Massnahmen für Mitarbeitende, die Firma verlassen

Basis bildet die Offenlegung der Strategie, glaubwürdig kommuniziert durch das oberste Management. Die Betroffenen verstehen warum ihr Arbeitsplatz abgebaut wird und verkraften die Trennung besser. Darauffolgend muss die Optik auf die Zukunft ausgerichtet sein. Für den Sozialplan bedeutet dies Massnahmen, die den Betroffenen einen möglichst raschen Neustart erlauben. Vielfach finden besser Qualifizierte rascher eine neue Stelle. Mitarbeitende, die das Unternehmen gerne behalten würde (Leistungsträger) kündigen von sich aus. Ein gut durchdachter Sozialplan bezieht auch solche Überlegungen mit ein. Ein „Survival-Team“ wird mit einer Durchhalteprämie belohnt.

Massnahmen für unproblematische Personen

  • Outplacement (einzeln, Gruppe)
  • Aktive Unterstützung bei der Stellensuche
  • Schulung während der Kündigungsfrist (Sprachen, PC)
  • ev. Freistellung.

Massnahmen für Härtefälle

  • Outplacement (einzeln)
  • Vorzeitige Pensionierung
  • Kündigung mit Unterstützung durch die Arbeitslosenversicherung für eine limitierte Zeit
  • Kontakt zur IV zwecks Wiedereingliederung
  • Ärztliche Hilfe (insbesondere bei Suchtproblemen)
  • Einbezug des Partners/der Partnerin oder anderer Familienmitglieder
  • Individuelle Massnahmen aufgrund eines Entscheids der Härtefallkommission.

Massnahmen für Mitarbeitende, die in Firma verbleiben

Dies wird oft vernachlässigt. Mitarbeitende, die in der Firma verbleiben sind einer der Grundpfeiler für die Zukunft. Oft haben sie neben dem daily business Zusatzleistungen zu erbringen. Diese Mitarbeitenden müssen ihre Zukunftsperspektiven kennen. Eine professionell erarbeitete Funktionsbeschreibung baut Unsicherheit ab und führt dazu, dass das innerbetriebliche Klima sich schlagartig verbessert.

Externe Eckpfeiler eines Sozialplans

Massnahmen gegenüber Öffentlichkeit

Nichts schadet dem Unternehmen mehr als Negativschlagzeilen. Der Umgang mit Medien, Sozialpartnern und Behörden muss professionell gestaltet werden.

Massnahmen gegenüber Kunden

Nichts wäre fataler, als wichtige Kunden während einer Umstrukturierung zu verlieren. Kunden müssen über die Zukunftspläne und deren Umsetzung orientiert sein. Dies braucht seriöse Planung und konsequentes Durchziehen der Massnahmen.

Abgangsentschädigung – prioritäre Massnahme eines Sozialplans?

Vielfach wird eine Abgangsentschädigung als prioritäre Massnahme innerhalb eines Sozialplans bezeichnet. Es wird behauptet, durch eine grosszügige Abfindung könnten Härtefälle vermieden werden. Ich betrachte eine Abgangsentschädigung als sekundär, nämlich erst dann als sinnvoll wenn die Massnahmen für einen beruflichen Neustart nicht zum Ziel führen.

Fazit

Ein Sozialplan enthält vielfältige Aspekte, die geplant und umgesetzt werden müssen. Dies braucht Geld. Es handelt sich dabei aber um eine kalkulierbare Summe. Eine unprofessionelle Abwicklung kommt meist (viel) teurer zu stehen (zeitraubende Streitigkeiten, gerichtliche Auseinandersetzungen, Rufschädigung, ungewollte Abgänge, Verlust von Kunden, Negativschlagzeilen in den Medien). Dieser Aufwand ist nicht kontrollierbar und eine Kettenreaktion mit Folgekosten nicht auszuschliessen. Ein gut konzipierter Sozialplan ist Teil eines seriösen und damit kontrollierbaren Krisen-Managements! Ein Sozialplan hilft, mit den finanziellen Ressourcen haushälterisch umzugehen, Unsicherheit abzubauen und das innerbetriebliche Klima zu verbessern. Mit guter Betreuung schaffen viele Betroffene den beruflichen Neustart. Erwerbslosigkeit wird vermieden oder verkürzt. Der gute Name des Unternehmens bleibt auch in Krisenzeiten erhalten, der Start in die Zukunft erfolgt frei von Altlasten. Es gilt, die Interessen der Unternehmer (finanzielle Aspekte) und der Mitarbeitenden (Sicherheit, menschliche Begleitung) auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Werden diese Spielregeln beachtet, so können sich auch KMU einen Sozialplan leisten – als Chance für einen erfolgreichen Neustart!

Beispiel für Elemente eines Sozialplans

Hilfe bei der beruflichen Neuorientierung

  • Zwischenzeugnis zusammen mit Kündigungsschreiben
  • Vorstellungsgespräche während Arbeitszeit
  • Referenzauskünfte
  • Gruppen-Outplacement (Workshop und Sprechstunden)
  • Umschulungskurse bereits während Kündigungsfrist
  • Freistellungsvereinbarung

Hilfe bei individuellen Problemen

  • Einsetzen einer Härtefallkommission
  • Spezielle Regelungen bei Alter, Krankheit, Suchtproblemen, familiären Problemen

Finanzielle Abfederung

  • Abgangsentschädigung
  • Durchhalteprämie

Zusammenarbeit

  • Mit Behörden (KIGA, AWA, IV)
  • Mit Sozialpartnern (Arbeitgeberorganisationen, Gewerkschaften, Angestelltenverbänden)

Information

  • Öffentlichkeit
  • Kunden