Okt 10

“Warum uns die Deutschen manchmal auf die Nerven gehen. Grüezi Gummihälse.”

Autor: PersonalRadar

Mit diesem Buchtitel (ISBN 978 3 499 62403 2) hat Bruno Ziauddin, Schweizer Journalist und Autor der Schweizer Weltwoche und freier Mitarbeiter des Magazins der Süddeutschen Zeitung, ein amüsantes Büchlein über die Teutonen in Helvetien geschrieben.

Selbstverständlich mit genüsslichen Seitenhiebe für beide Seiten. Mit dem Satz: “Ein Deutscher, der lauthals verkündet, wie gerne er die Schweiz mag, das kann sich für uns schon mal anfühlen wie der feuchte Kuss einer Tante” gibt er schon mal eine scharf geschossene Steilvorlage.

Pro Jahr wandern ca. 30´000 Deutsche in die Schweiz ein. Die Schweiz “teutonisiert” sich schleichend. Sie verändert sich. Das führt früher oder später zu Spannungen. Die Deutschen nehmen das gar nicht wahr und die Schweizer sind sich nicht bewusst, dass wir schon vor einhundert Jahren ein ähnliches demografisches Wachstum mit unseren Nachbarn aus Deutschland verzeichneteten. So ganz neu ist die Situation nicht.

Viele der Deutschen kommen des Geldes wegen in die Schweiz. Das Land interessiert sie meistens nicht sonderlich stark. Sie finden jedoch Möglichkeiten vor, die sie in ihrem eigenen Land oft vermissen. Niedrige Arbeitslosigkeit, ein Staat, der sie nicht wie ein Wegelagerer benimmt und die Bürger ausbeutet, gute berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und eine hohe Lebensqualität.

Das Büchlein von Bruno Ziauddin steckt voll Humor, bissigen Kommentaren, schelmischer Boshaftigkeit und nimmt wenig Rücksicht auf eitle Befindlichkeiten. Hier eine kurze Kostprobe:

“Viel mehr jedoch als wir die Deutschen (…), brauchen die Deutschen uns. Deren Arbeitsmarkt funktioniert bekanntlich etwa so reibungslos wie die Müllentsorgung in Neapel, sodass all die gut- bis hochqualifizierten deutschen Handwerker, Kindergärtnerinnen, Börsenanalysten, Chirurgen, Hochschulprofessoren im eigenen Land entweder keinen Job finden oder einen, der so mies entlohnt wird, dass es billiger ist, gleich zu Hause zu bleiben. Wir in der Schweiz hingegen leben nach dem Motto: Hohe Berge, hohe Löhne, tiefe Steuern. (…) ist am 1. Juni 2004 das sogenannte Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union in Kraft getreten, welches die Hürden für Deutsche und andere EU-Bürger auf dem Schweizer Arbeitsmarkt schrittweise beseitigt hat. Seither ist es nicht mehr nur so, dass die ganze Welt bei uns Ferien macht und ihren Sparstrumpf lagert. Nun arbeitet auch noch halb Europa hier. Selbstverständlich wurde dieses Abkommen, wie das bei uns so Sitte ist, in einer Volksabstimmung gutgeheissen. Bedenkt man, dass das Verhältnis vieler Schweizer zu EU etwas so entspannt ist wie das eines Mieters zu einem Nachbarn, der zwar immer freundlich grüsst, aber zwei Köpfe grösser ist, die Arme mit Knast-Tattoos tapeziert hat und aus dessen Wohnung man wimmernde Kinderstimmen dringen zu hören glaubt, dann muss man zugeben: ganz schön mutig.“

Ach übrigens: Den Namen “Gummihals” haben die Deutschen sich in der Schweiz angeblich selber eingebrockt. Sie nicken unentwegt, wenn der Chef was sagt. Das “Um-den-Chef-scharwenzeln”, um sich knallhart Vorteile zu verschaffen, ist in der Schweiz verpönt. Dafür ist dieser knorrige Menschenschlag zu schlau, zu stolz und zu Freiheit liebend. Etwas, das die Deutschen von den Eidgenossen mehr annehmen sollten. Auf einen weiteren guten Kultur- und Erfahrungsaustausch. Auch am Arbeitsplatz.