Jul 4

50Plus und arbeitslos? Mit integrativem Selbstmarketing direkt zum Job.

Autor: PersonalRadar

Der 50Plus-Arbeitsmarkt fordert kreative Köpfe, um aus der Alterslangzeitarbeitslosigkeit herauszukommen. 50Plus- Integrationsexperte Daniel G. Neugart schildert die alarmierende Situation.

Herr Neugart, aus welchem Grund wurde der nationale Dachverband SAVE 50Plus Schweiz im Jahre 2013 ins Leben gerufen?

Aus Not. Heute sind wir Lösungspartner und spielen mit eigenen Innovationen der Wirtschaft und der Politik in die Hände. Wir greifen proaktiv in den Arbeitsmarkt ein. Wir wollen für potenzielle Arbeitgeber attraktiv sein. Die Wirtschaft kann sofort entscheiden und handeln. Den «Alten» läuft definitiv die Zeit davon. Der richtige Moment zum Handeln ist deshalb immer sofort!

Können Sie die Tätigkeitsfelder kurz beschreiben?

Es geht uns darum, in unserem nationalen Dachverband die 50Plus-Fachkompetenzen zu bündeln und anzubieten. Wir lobbyieren für unsere Generation und setzen uns für den Aufbau eines altersfreundlichen Arbeitsmarktes ein. Seit 2002 sammeln wir Informationen zum Thema 50Plus-Arbeitsmarkt und dem damit verbundenen demografischen Wandel. Wir haben darauf aufbauend eine einzigartige 50Plus-Fachkompetenz erworben und bieten kostenlose Aufnahmegespräche auf Augenhöhe an, um direkt betroffene Arbeitslose sofort abzuholen. Zudem laden wir auch zum kostenlosen 50Plus-Parcours ein. Ein Infoanlass für erfahrene Fachkräfte. Wir sind die erste Anlaufstelle, um erfolgreich in den Arbeitsmarkt zurückzufinden.

Was treibt Sie persönlich an bei Ihrem Engagement für SAVE 50Plus Schweiz?

Gemeinsam etwas zu bewegen. Meine ehrenamtliche Aufgabe als Präsident macht mich glücklich, weil ich noch nie in so kurzer Zeit so viele tolle Menschen kennenlernen durfte. Was hier weggeworfen wird, ist unbezahlbar und es wird niemand da sein, der sich dafür entschuldigt, dass freiwillig und ohne Not unsere eigenen Wurzeln zerschnitten wurden. Der Wissenstransfer ist für die Wirtschaft und die Gesellschaft heiliger als das goldene Kalb! Es gibt eben zu viele Manager und bald keine Patrons mehr.

Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf Ihre Arbeit?

Wir stehen enorm unter Druck! Und der nimmt zu. Zum einen fallen immer mehr ältere Arbeitnehmende der Arbeitslosigkeit zum Opfer, was es zu verhindern gilt und zum anderen bildet sich eine immer grösser werdende Masse von Alterslangzeitarbeitslosen, die irgendwann ausgesteuert und von der Statistik vergessen werden. „Das chas nit si!“ Wir halten mit aller Kraft dagegen.

Inwiefern können Wirtschaft und Politik von SAVE 50Plus Schweiz profitieren?

Indem sie uns ernst nehmen. Es kann doch nicht sein, dass viele über uns schreiben, aber niemand mit uns redet? Die Politik setzt auf Selbstregulierung. Ein schönes Wort für die Dramatik, die sich dahinter abspielt. Weder die Politik noch die Wirtschaft haben Anreize. Wir bieten wenigstens elegante Lösungsmodelle.

Daniel G. Neugart, Interviewpartner dieses Beitrages, Präsident und Geschäftsführer
SAVE 50Plus Schweiz
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Welche Kooperationen pflegen Sie und warum sind sie so wichtig?

Stellenvermittlungen sind für uns wichtige Kooperationspartner. Sie haben das Problem, dass ältere Stellensuchende schwer vermittelt werden können. Die Gründe dafür sind bekannt. Wir sitzen im gleichen Boot. Unsere Mitglieder gehen auf Arbeitgeber zu und rechnen direkt oder über kooperative Stellenvermittlungen ab.

Sie bieten 50Plus-Fachseminare und Selbstintegrationsprogramme für 50Plus-Networker an. Welchen Nutzen haben die Teilnehmenden?

Sie lernen sich zu verselbständigen und erhalten bei einem erfolgreichen Abschluss unser „fit for job“-Zertifikat. Ein 50Plus-Networker kennt die Mechanismen im Arbeitsmarkt und verhält sich wie ein Dienstleister, der im Markt etwas Wertvolles anzubieten hat. Wir hebeln Vorurteile aus und bringen die Fachkräfte mit professionellem Marketing direkt zum Job.

Wie werden der Dachverband und die 50Plus-Fachseminare finanziert?

Gar nicht. Weder die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren(RAV) noch die Sozialdienste sind bereit, sich an den Kosten unserer Aufwendungen zu beteiligen. Wir sind schockiert und mussten parallel ein Unternehmen gründen, um bezahlte Dienstleistungen anbieten zu können. So auch unsere 50Plus-Fachseminare. Oft erbringen wir diese Dienstleistungen kostenlos. Wir lassen niemanden im Stich, aber wir brauchen dringend Hilfe.

Eine gesellschaftliche Herausforderung! Was muss getan werden? Welche konkreten Visionen haben Sie dazu?

Wir müssen vor allem aufpassen, dass wir jetzt nicht einen enormen Schaden anrichten, den nachfolgende Generationen teuer bezahlen werden. Wir müssen sofort umdenken und solidarisch und kooperativ zusammenwirken – mit den Direktbetroffenen und allen anderen Marktteilnehmern. Wir haben viel zu verlieren!

(Der Artikel erscheint am 10. Juli 2016 als Special ’50 Plus‘ in der SonntagsZeitung).

www.save50plus.ch