Apr 27

Die Seele liegt im Gips. Und dann?

Autor: PersonalRadar

Die moderne fordernde Arbeitswelt mit dem täglichen kleinen Irrsinn kann trübsinnig und schwermütig machen. Die Depression als ganz persönliches Drama zwingt viele in die Knie.

Psychische Erkrankungen sind nach wie vor ein Tabuthema, das mit vielen Vorurteilen behaftet ist. So wird oft angenommen, dass psychische Gesundheit eine Frage des Willens ist, oder dass psychische Krankheiten unheilbar sind. Solche Fehlannahmen führen zu Ängsten und Scham bei den Betroffenen und ihren Angehörigen. Als Folge werden deswegen Symptome verheimlicht, was die Heilungschancen verschlechtert und das Leiden verstärkt. Die Kampagne „Alles Gute Basel“ setzt sich deshalb für die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen ein (Bild- und Textquelle: Medizinische Dienste Basel-Stadt. Klicken Sie aufs Bild für mehr Infos.)

Die Organe funktionieren, der Stuhlgang ebenso und das Rückenleiden ist nur ein leichtes Ziehen in der Schulter geblieben. Der Alltag ist im Griff. Sogar die jährliche Infektion oder Erkältungen ist während der Winterzeit weg geblieben, obwohl alle immerfort niesen, schneuzen und den Rotz aus der Kehle husten mussten. Aber irgendwie funktioniert die Kopfmaschine nicht richtig. Es ist als wäre das Hirn in Billigwatte eingepackt. Die Wahrnehmung ist kognitiv reduziert.

Die Freude am Sein ist der verspannten Gleichgültigkeit gewichen. Instinktiv kriecht die Erkenntnis ins Bewusstsein, dass die Befindlichkeit immer mehr verdüstert und die Realität zur Folter wird. Immer mehr Menschen müssen zum Arzt, weil es ihnen mies geht. Die Depression saugt die Seele aus. Der Zusammenbruch kündet sich an. Die Ampel ist schon lange auf rot. Trotzdem gehen viele weiter.

Das tägliche Aufraffen zur Arbeit und die gesellschaftlichen oder familiären Verpflichtungen werden eines Tages einfach zuviel. Was man früher locker vom Hocker einfach so auf die Schnelle kurz erledigte oder einfach gekonnt mit allen Nebenschauplätzen im Griff hatte, geht von einem Tag auf den anderen nicht mehr.

Der Himmel ist vielleicht blau, die Kopfstimmung bleibt grau. Das freundliche Gegenüber im Aufzug lächelt, die eigene Befindlichkeit lässt nur ein starres Antlitz zu. Jede Gefühlsäusserung oder Interaktion mit den Menschen wird zur Qual. Die Depression ist manifest. Und es wird lebensgefährlich für die Betroffenen. Der Suizid schleicht sich an. Vielleicht hat er schon den ersten Stoss versetzt. Es ist noch einmal gut gegangen.

Wussten Sie, das jede 5. erwachsene Person mindestens einmal im Leben unter einer Depression leidet?

Das Lästige an der Depression ist, dass sie sich nicht an Konventionen hält (Bildquelle: www.Pixabay.com, Fotograf: Gabriele Leonardy)

Die Umstände an einer solchen Gemütskrankheit zu erkranken werden auch immer günstiger. Die Gesellschaft ändert sich. Schnell, radikal und unberechenbar. Unsicherheit macht sich breit. Das Berufsleben ist zu einer Kampfarena verkommen, wo das Äusserste gefordert wird und viele der Meinung sind, allem und allen gerecht werden zu müssen.

Selbst Superman oder Superwoman wären daran zerbrochen, was heute beinahe als normal empfunden wird. Die Menschen sind unter Strom. Die Stresshormone fliessen durch uns. Pausenlos und richten heftigen Schaden an. Die stillen Inseln des Müssiggangs gehen unter und fallen der Springflug der Erwartungen zum Opfer. Das gezielte Nichtstun wirkt faulig in einer prosperierenden Welt, die spriesst, liebliche Blüten treibt und betörende Düfte verströmt. Wir müssen funktionieren. Wir müssen Erwartungen erfüllen.

Die Pflicht wird zur Monstranz der allgegenwärtigen ökonomischen Liturgie.

Psychische Gesundheit macht resilient. Wer sich seit längerer Zeit antriebslos, ausgebrannt oder einfach nur leer fühlt, sollte sich mit einer Fachperson austauschen (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Thomas Ulrich)

Die Depression eignet sich nicht zur Koketterie. Mit dem Stress ist das anders. Wer Stress hat, ob der nun positiv oder negativ ist, befindet sich in einer Dynamik. Dynamik ist in der Wirtschaftswelt immer gut. ‚Ach ich habe Stress’ ist der Spruch, den viele weltweit auf den Lippen haben. Aber die Aussage ‚Ach ich habe eine ernsthafte Depression’ und dabei greift man sich theatralisch an den Kopf, gibt es nicht.

Die Depression ist ein Schreckgespenst. Damit kann man sich nicht profilieren. Sie eignet sich auch nicht zum Angeben. Sie schwächt das Image. Und sie macht in der Tat brutal schwach. Wer will schon in einer Welt schwach sein, die Stärke einfordert und die sofort abrufbare Leistung als den Wirkstoff der eigenen Lebenspotenz versteht?

Das Lästige an der Depression ist, dass sie sich nicht an Konventionen hält. 

Sie packt viele und hält noch mehr im Würgegriff. Die Seele im Gips ist stark tabuisiert. Man sieht den Menschen den Beinbruch an und kann sich sofort vieles erklären, warum eine Person immobil ist und ausfällt. Die gebrochene Seele ist jedoch nicht sofort sichtbar. Die Auswirkungen einer solchen Erkrankung gehen jedoch viel weiter und tiefer. Es gibt keinen triftigen Grund sich für eine Depression zu schämen. Alle können davon betroffen sein.

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