Jun 21

Der ‚Brain-Drain’ der anderen löst in der Schweiz ein ‚Brain-Rain’ aus. Hoffentlich auch weiterhin.

Autor: PersonalRadar

Es ist noch keine 20 Jahre her, als die Schweiz unter einer starken Wachstumsschwäche litt. Das Land schien medioker zu werden. Die Verlagerung vieler Jobs in das wissensbasierte Segment hat die Wirtschaft stimuliert.

Zu wichtig sind diese Köpfe für den einzigen Rohstoff, den dieses Land zu bieten hat – nämlich Wissen. Der wachsende Bedarf kann aber mit inländischen Köpfen nie gestillt werden. Die hoch gebildeten Wissensmigranten/-innen schliessen die Lücken.

An dieser Stelle ein paar Fakten, um das obige Argument zu untermauern:

  • Im Jahr 2009 waren in der Schweiz 815’000 erwerbstätige Menschen in akademischen Berufen tätig. 289’000 zusätzliche von ihnen waren in einer Führungsposition tätig. Also summa summarum 1’104’000.
  • Als Kontrast dazu schlossen im gleichen Jahr 28’825 junge Menschen ihr Hochschulstudium ab. Das entspricht 2,7% dieser beiden oben erwähnten beruflichen Hauptgruppen.

Mit diesen jungen und gut ausgebildeten Menschen lassen sich jedoch die Abgänge aufgrund von Berufswechsel, Pensionierungen oder Erkrankungen nie kompensieren. Gerade im sogenannten MINT-Bereich, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik blieb im Jahr 2009 jede 11. Stelle einfach unbesetzt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich die Situation noch verschärft. Wahrscheinlich ist es jetzt schon jede 9. Stelle, die nicht besetzt ist. Unser Hochschulsystem produziert zu wenig MINT-Fachkräfte.

Die Demografie macht uns auch einen Strich durch die Rechnung.

Die Zahl der 20 – 25 jährigen jungen Erwachsenen der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz – notabene ohne Zuwanderung – nimmt jedes Jahr um 0,7% ab. Auf 100’000 sind das zum Beispiel jedes Jahr 700 weniger. Diese Prozentzahl bleibt nur kurz stabil. Ca. 2013 erhöht sich diese Zahl um mehr als 1 Prozent. Das heisst mit anderen Worten, dass die sogenannte helvetische Wissensökonomie aufgrund der demografischen Entwicklung schrumpfen wird und die ‚Brain-Power’ bald keine Energie mehr liefert. Mit anderen Worten kann die Schweiz diesen kommenden Mangel nur mit einen gezielten Einwanderung eindämmen oder bestenfalls überwinden.

Zweifelsohne profitiert die Schweiz davon, dass andere Nationen ihre jungen klugen Köpfe mit recht viel Steuersubstrat und dementsprechender Belastung der jeweiligen Volkswirtschaft ausbildet. Die Zahlen sprechen einmal mehr eine deutliche Sprache.

  • Die Schweiz hat im Jahr 2008 ca. 35’000 und im Jahr 2009 sage und schreibe 45’000 Hochschulabsolventen ins Land ‚gelockt’, die auch eine Anstellung fanden. Das entspricht in etwa einem Prozent der Erwerbstätigen.
  • Zudem ist nicht zu unterschätzen, dass viele begabte Studenten und Studentinnen aus dem Ausland an einer Schweizer Uni studieren, oft brillant abschliessen, die Vorzüge ihres Gastlandes während des Studiums kennenlernten und sich kurzum entschlossen einen Job in dem Land zu suchen, dessen gastgebende Unis oder Fachhochschulen soviel an deren persönlichen Bildung boten.
  • 2009 besassen alleine 21% der ca. 127’000 Studenten/-innen an den Hochschulen einen ausländischen Zulassungsausweis. Zwei Drittel von Ihnen bleiben erfahrungsgemäss nach dem Studium hier.
  • Interessant ist des Weiteren noch die Tatsache, dass seit 1998 die Zahl der ausländischen Studenten/-innen steigt. Der schweizerische Anteil auch, aber weitaus moderater. Gerade bei den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern sind die ausländischen Studenten/-innen sehr stark vertreten. Ohne diese würde sich der immense Rekrutierungsaufwand für den MINT-Berufsbereich noch um ein Vielfaches verschärfen.

Mit den einheimischen Absolventen ist die Nachfrage nie zu befriedigen.

Bildungswillige und bestens qualifizierte Ausländer/-innen sind für dieses Land unerlässlich, wenn es auf diesem hohen Niveau weiter wirtschaften möchte. Würden Unternehmen nicht auf diesen reichen Fundus an klugen Köpfen zugreifen können, wären sie bald fort. Eine bildungsintensive Industrie kann nur Erfolg haben, wenn auch das nötige ‚Brain Capital’ vorhanden ist und somit die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens gesichert scheint. Ohne gut ausgebildete Intelligenz läuft in einer gut geschmierten Volkswirtschaft mit hoher Wertschöpfung gar nichts mehr.

Die wohlwollende Aufnahme und konsequente Integration von top motivierten Bildungsausländern/-innen gehört zum Masterplan einer volkswirtschaftlichen Entwicklung. Verzichten wir auf diese ‚Brains‘ und lassen wir sie es auch spüren, vergeben wir nicht nur Chancen, sondern nehmen vorsätzlich die Gefahr in Kauf, dass dadurch die Besten gehen und wir im Mittelmass versinken. Das heisst aber auch, dass die Wirtschaft an Potenz verliert, der hohe Lebensstandard sinkt und wir Gefahr laufen das uns die Bildungsausländer meiden, weil die vielen Vorzüge, die vorher deren Kommen auch förderten, nicht mehr da sind. Stillstand und Stagnation sind keine Alternativen. Die kleine Schweiz ist wirtschaftlich bedeutend. Aber dazu braucht es kluge Köpfe. Wenn diese auch noch von aussen kommen umso besser!

Wir profitieren vom ‚Brain-Drain‘ anderer!