Jan 17

‚Educated Guess’ und andere dadaistische Seiltänze über die Hirnrinde.

Autor: PersonalRadar

Irgendwie haben es die meisten schon mal während eines Einstellungsinterviews erlebt: Es gibt die einfältigen, neunmalklugen, hinterhältigen, offenen, geschlossenen, suggestiven, fairen, unangemessenen, nutzlosen oder einfach verwirrenden Fragen. Selten lassen diese die Interviewten kalt.

Interviews mit Bewerbenden müssen gut vorbereitet sein. Die Individualität der Menschen ist anspruchsvoll (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: www.slon.pics)

Sogenannte Stresstests gibt es nicht nur für Banken und andere Branchen, die unter Druck sind. Auch die sogenannten Stressfragen, ‚Puzzle-Fragen‘ oder ‚Brain-Teaser‘ (in etwa ‚Hirn-Reizer’) werden während Einstellungsinterviews immer modischer. Die üppige Beratungsliteratur bietet heute alle möglichen Tipps wie man Interviews ohne Herzinfarkt, Schweiss auf der Stirne und Taumelgefühle auf den Augäpfeln übersteht. Sie bietet sogar vertiefte Lehrgänge, wo sich Interessierte auf Befragungsstress konditionieren können und teilweise so gut und erschöpfend vorbereitet sind, dass sie auf den grössten Frageblödsinn noch gescheit wirken.

Doch was macht man, wenn ganz plötzlich zum Beispiel folgende Frage kommt: ‚Wie viele Frösche braucht es um eine lückenlose Froschlaichkette bis zum Mond zu bilden?’

Klar – die meisten kratzen sich imaginär am Kopf! Man will ja schliesslich nicht unsicher wirken, und denkt zuerst, ob das Gegenüber oder jene, die sich solche Fragen ausdenken noch ganz bei Trost sind. Wegen des Stress kaut man – natürlich auch nur imaginär – an den Fingernägeln und wünscht sich jetzt insgeheim, dass man während des Biologieunterrichts, als die warzigen Lurchen als Thema nur ein Gähnen oder Ekel auslösten, aufmerksamer gewesen wäre.

Die Antwort ist zumeist nur eine ungefähre Annäherung. Die Interviewer sind mehr daran interessiert, wie der gedankliche Bizeps den ‚Hirntonus’ sich stimuliert und welche Lösung dann aus dem Mund purzelt. Ob das schlussendlich der Firma nützt, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Viele Firmen, die angeblich etwas auf sich halten, versuchen die Interviews mit interessanten Fragen zu würzen. Insgeheim haben sie die Hoffnung, dadurch besonders clevere Bewerbende aus dem Meer der Mittelmässigen zu fischen, um diese dann für das eigene Unternehmen gewinnen zu können.

Lief das Interview gut oder schlecht? Manchmal entscheiden Nuancen über Daumen hoch oder runter (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: pixsila)

Die heutige Generation, die sich neu auf den Arbeitsmarkt begibt, scheint ziemlich ausgekocht zu sein. Wer geht noch in die Buchhandlung und kauft sich ganz altmodisch ein Buch über bizarre Interviewfragen und die richtigen Antworten? Diese gründet einfach Foren, Chaträume und andere Begegnungsplattformen und tauscht sich darüber aus, wie man die eigenartigen Interviewfragen einfach austrickst. Meistens beweisen die Befragten viel mehr Chuzpe als die Fragenden und schlagen sich leidlich während solchen Interviews.

Wenn das ‚verspasste’ Interview aber den eigentlichen Zweck verpasst, nämlich einfach die richtige Person für eine Vakanz zu finden, dann schadet es der seriösen Interviewtechnik und –kultur.

Interviews dürfen trotzdem kantiger, farbiger, aufregender und spannender geführt werden, damit beide Seiten nicht einschlafen. Der eigentliche Sinn der ganzen Sache sollte man dennoch nicht aus den Augen lassen: Das nüchterne Finden der richtigen Bewerbenden oder des richtigen Arbeitgebers für die offene Position. Mehr ist fast nicht zu haben.

Willkommen zum Interview! Manchmal sind diese ein Ärgernis, eine Freude oder einfach eine Erfahrung mehr im Leben (Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Tero Vesalainen)

Die Vorhersehbarkeit des Bewerbungsgespräches verhindere klare Aufschlüsse über das Wesen des Kandidaten, findet William Poundstone, ein weiterer Experte des Personalwesens und Ratgeber-Autor. Poundstone und Menkes empfehlen Personalleitern Fragen mit detaillierten Inhalten. Sie sollten den Kandidaten mit neuartigen Szenarien konfrontieren. Anstatt wissen zu wollen: «Wie gehen Sie mit Kritik um?», formuliert Menkes die Fragestellung kniffliger: «Was tun Sie, wenn Ihr Chef in einem Meeting Ihre Arbeit vor allen aggressiv kritisiert?» (Quelle: www.nzz.ch)

PersonalRadar verweist in dieser Sache mit diesem LINK auf einen interessanten Artikel der NZZ mit dem Titel ‚Die Zahnfee und das russische Roulette‘, der schon vor längerer Zeit erschien, aber immer noch Unterhaltungswert besitzt. Setzen Sie sich aufs Sofa und machen Sie es sich gemütlich. Sie glauben gar nicht was für Eiertänze manchmal Interviewer bieten. Es darf ruhig gelacht werden. Das stärkt die Entspannung gegen den nächsten Stress.