Jan 26

Temporärarbeit: Wenn das Temporärbüro die mögliche Festanstellung im Einsatzbetrieb kaputt machen will…

Autor: PersonalRadar

Peter Fugenmacher arbeitet temporär als Kundenmaurer beim Einsatzbetrieb Firma Senkblei AG. Sein Vorarbeiter, Giovanni Acurato, ist mit ihm sehr zufrieden. Es ist pünktlich, macht eine saubere Arbeit und sein Umgang mit den Kunden ist höflich und anständig. Man muss sich nicht schämen, wenn man ihn auf die Baustelle schickt.

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Im Team wird bald Luigi Fortunato pensioniert. Er war über zwei Jahrzehnte ebenso als Kundenmaurer im Einsatz und sehr beliebt.  Der Vorarbeiter Acurato macht sich schon Gedanken wie er diese grosse Lücke schliessen soll.

Für diese Position kann er nicht einfach den Erstbesten nehmen. Acuratao nimmt mit dem Bauleiter Hans Massstab Kontakt auf.  Sie vereinbaren einen Termin und gehen zusammen essen. Essen ist immer gut, um auf andere Gedanken zu kommen.

Acurato schildert Massstab das Problem. ‚Weisst du‘, räuspert er sich, als er sich die letzten Teigresten der Pizza mit dem Zahnstocher aus den Zähnen gepult hat und genüsslich im Espresso rührt, ‚der Luigi wird bald pensioniert und ich muss ihn ersetzen obwohl er gar nicht zu ersetzen ist.‘ Massstab schaut ihn an und sagt: ‘Hast du keinen Ersatz aus dem Team? Jeder ist ersetzbar. Auch Luigi. Ich weiss das ist ein Top-Mitarbeiter. Darüber müssen wir nicht diskutieren. Aber die Pensionierung ist eine Tatsache. Wir müssen handeln. Was für eine Lösung hast du?‘ Auch Massstab rührt inzwischen in seinem frisch dampfenden Espresso. Acurato räuspert sich und meint trocken: ‚Ich habe da einen Kundenmaurer im Team, der bei uns temporär arbeitet. Der macht einen guten Job. Seit Monaten ist er bei uns. Im Team sind sie mit ihm sehr zufrieden und die Kunden ebenso‘. Massstab schaut ein wenig verdutzt. ‚Ach so‘, meint er verschmitzt, ‘ich wusste gar nicht, dass du noch Arbeitssklaven auf der Baustelle hast‘. 

‚Ach komm Hans‘, meint Giovanni Acurato etwas genervt, ,du weisst ja, dass eine Baustelle ohne Temporärarbeiter gar nicht mehr funktioniert. Wir haben wirklich eine Kanone von Arbeiter und mit dieser könnten wir Luigi ersetzen. Was meinst du?‘. ‚Wenn das für dich so stimmt, dann hast du meinen Segen. Wie wollen wir vorgehen?‘

Am nächsten Tag nimmt der Vorarbeiter mit Peter Fugenmacher Kontakt auf. ‚Komm nach Feierabend zu mir ins Baubüro, ich will mit dir kurz was besprechen.‘ Fugenmacher hat ein flaues Gefühl im Magen. ‚Was will der Chef von mir? Habe ich was falsch gemacht? Muss ich gehen, obwohl die Firma Arbeit bis unters Dach hat? Hat ein Kunde reklamiert?‘ Er kann sich keinen Reim darauf machen.

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Nachdem er sein Werkzeug versorgt und sich Gesicht wie auch  Hände gewaschen hat, geht er noch kurz ins Baubüro. Giovanni Acurato sitzt schon dort, bewaffnet mit Blatt und Papier. Fugenmacher setzt sich mit einem Seufzer auf den Stuhl und harrt der der Dinge die da kommen.

Der Chef eröffnet das Gespräch mit leichter Kost.  Plötzlich kommt er zum Punkt und sagt: ‚Peter du arbeitest als Kundenmaurer temporär bei uns. Seit Monaten bist du bei uns und machst einen guten Job. Du weisst ich halte nicht immer viel von euch Temporären. Aber ohne euch geht es auch nicht. Du weisst der Luigi geht bald in Pension und reisst eine Lücke. Ich habe mit meinem Chef geredet. Wir möchten dir eine Festanstellung anbieten und die Lücke mit dir wieder schliessen. Wärst du an diesem Angebot interessiert?‘

Fugenmacher fällt aus allen Wolken. Sein Bewerbungsdossier ist nicht gerade der Hit. Zudem war er ein wenig unstet. Sein Lebenslauf ist nicht lückenlos und nun soll er eine Lücke schliessen? Er ist sprachlos. Reden war noch nie seine Stärke. Sein Gesicht leuchtet. Die Haut glänzt. Der Chef schaut ihn erwartungsvoll an.

‚Meinst du wirklich ich bin der Richtige?‘ Acurato seufzt. ‚Ich würde dich nicht fragen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre. Du musst jetzt auch nicht sofort entscheiden. Nimm ein Feierabendbier, schlaf darüber und gib mir Morgen sofort Bescheid. Wenn du Nein sagst, hat das für dich keine Nachteile. Du kannst bei uns bleiben. Wir brauchen dich. Ich wäre aber enttäuscht. Du bist ein guter Arbeiter.‘

Fugenmacher steigt ins Auto und fährt nach Hause. Er nimmt an diesem Abend zwei Feierabendbiere und ist ausgelassener Stimmung. Seine Partnerin ebenso. ‚Endlich hat er mal Glück im Leben‘, denkt sie erleichtert.  Eine Festanstellung ist doch noch besser als ein Temporärvertrag.

Am nächsten Tag geht Peter Fugenmacher schnurstracks zu seinem Vorarbeiter und teilt ihm mit, dass er sich über die Festanstellung freut und diese auch annimmt. Der Vorarbeiter ist erleichtert, informiert seinen Vorgesetzten und gleichzeitig Monika Umsichtig vom Personalbüro. Sie prüft kurz darauf das Personaldossier und stellt fest, dass Fugenmacher schon mehr als sieben Monate temporär angestellt ist. Sie teilt ihm, dass er sich beim Temporärbüro melden und seine schriftliche Kündigung dort einreichen soll. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Fugenmacher verspricht sich gleich um die Sache zu kümmern.

Am gleichen Tag ruft Fugenmacher das Temporärbüro Fixschnell Baupersonal AG an. Seine Kontaktperson ist Frank Wortklaub. Er teilt ihm mit, dass er eine Festanstellung bei der Firma Senkblei AG angeboten erhalten habe, diese auch annahm und somit auf Ende Monat die Kündigung einreichen wird. Frank Wortklaub schnaubt und teilt ihm mit, dass das so nicht gehen würde, er vertragliche Verpflichtungen einzuhalten habe und er die Flexibilität und weitere Möglichkeiten eines Temporärvertrages nicht unterschätzen soll.

Fugenmacher ist verwirrt. ‚Ja kann ich nicht kündigen? Der Einsatzbetrieb will mich fest anstellen. Das ist viel besser für mich. Ich schätze es sehr, dass ich über Euch endlich wieder im Arbeitsmarkt Tritt fassen konnte, aber diese Festanstellung kommt mir wie gerufen und ist für mich wie ein  6er im Lotto.‚ Worklaub merkt, dass er nichts mehr machen kann. Frustriert muss er feststellen, dass sein Planning in dieser Woche den Bach runter geht. Entweder kommt er nicht zum Zug oder seine Temporärmitarbeiter springen ab. Vielleicht war er zu aggressiv oder ungenau mit seinen Personaleinsätzen. Er nimmt den Telefonhörer zur Hand und ruft bei der Senkblei AG seiner Kontaktperson, Giovanni Acurato, an. Der nimmt sofort ab.

‚Hallo Giovanni hier ist Frank von der Fixschnell Baupersonal AG. Du hör mal, der Fugenmacher ist ja über uns bei dir temporär im Einsatz. Willst du diesen wirklich fest anstellen‘, kommt es leicht schnaubend über die Leitung. ‚Du ich habe dir da einen besseren als den Fugenmacher. Wir lassen seinen Vertrag auslaufen und dann kannst du nahtlos mit dem Neuen weitermachen. Ich mach dir garantiert einen Supertarif. Da kannst du nicht nein sagen.‘

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Giovanni Acurato hört sorgfältig zu. Dieser Wortklaub geht ihm auf die Nerven. Jetzt hat der mal einen Glücksgriff gemacht und ihm den richtigen Mann vermittelt. In der Regel kommen von dem nur heisse Luft und die falschen Angebote. Und jetzt haut dieser seine beste Vermittlung in die Pfanne und will seinen Temporäreinsatz retten. Der ist doch nicht ganz dicht im Kopf. Wortklaub lässt sein ganzes rhetorisches Feuerwerk auf den Vorarbeiter nieder. Dieser zündet sich gemütlich eine Zigarette an, inhaliert tief und bellt ins Telefon.

‚Weisst du Frank wir kennen uns jetzt schon seit einem Jahr. Ich fand es auch gut, dass wir uns bei einem Mittagessen näher kennen lernen durften. Ich habe jedoch das Gefühl, dass du als Personalvermittler mein Kerngeschäft nicht verstehst. Ich brauche Bauarbeiter und du schickst mir irgendwelche ‚Habaschen‘ vorbei, die einen Hammer von der Maurerkelle nicht unterscheiden können. Was soll das?‘

Wortklaub spürt, dass der Untergrund glitschig wird und will mit der nächsten Wortlawine neuen Tritt fassen. Er setzt an und wird brüsk von Giovanni Acurato unterbrochen. ‚Frank ganz ehrlich, wir kommen in Zukunft nicht mehr ins Geschäft. Das ist für mich keine Basis. Du stiehlst mir die Zeit weg. Ich werde schon den lieben langen Tag von all diesen Personalvermittlern angerufen und komme kaum dazu mal richtig arbeiten zu können. Der Fugenmacher wird heute noch seine schriftliche Kündigung einreichen. Falls du ihm Steine in den Weg legst, werden wir die Geschäftsbeziehung beenden!‘

Wortklaub spürt, dass er auf verlorenem Posten steht. Er beisst sich vor Wut fast die Zunge ab, lenkt aber ein und beendet das Gespräch. Er stampft danach in die Teeküche und holt sich einen Kaffee. Er ist wütend. Sein Chef, Werner Bleibtreu, kommt danach ins Büro und fragt nach, ob es mit der Senkblei AG gut läuft. Wortklaub ist einsilbig. Er weiht seinen Chef ein und teilt ihm mit, dass das Vermittlungsgeschäft mit diesem Einsatzbetrieb nur suboptimal läuft. Der Chef schaut ihn mit glasigen Augen an. Wortklaub fällt schon seit längerer Zeit unangenehm auf. Wenn seine Vermittlungstätigkeit auch so virtuos wäre wie sein Mundwerk, dann könnte er damit leben. Aber dieser Mitarbeiter ist eine Niete. Bleibtreu stampft in sein Büro, setzt die Kündigung auf, ruft Wortklaub zu sich und stellt ihn per sofort frei.

An der nächsten Vorarbeitersitzung stellt Giovanni Acurato den Antrag, dass die Zusammenarbeit mit der Fixschnell Baupersonal AG beendet wird. Nach wenigen Sekunden ist der Entscheid gefallen. Es gibt genug andere Anbieter, die das besser machen.

Wenige Tage später versucht Werner Bleibtreu mit dem Bauleiter Hans Massstab Kontakt aufzunehmen. Dieser lässt sich verleugnen. Die Sekretärin teilt ihm mit, dass er im Moment nicht erreichbar sei und in den nächsten Tagen ausser Haus sei. Sie notiere seinen Anruf und er würde ihn dann zurück rufen. Der Anruf kommt nie an. Die Geschäftsbeziehung ist tot. Mausetot.

Fazit 1:

Temporärmitarbeitende, die vom Einsatzbetrieb eine Festanstellung angeboten erhalten, sind auch eine Referenz für den Personaldienstleister. Solche Angebote erhalten nur fähige Mitarbeitende. Solche sind auch oft das Einfallstor für weitere Geschäfte und Möglichkeiten.

Fazit 2:

Temporärmitarbeitende dürfen immer eine Festanstellung antreten. Umso besser wenn diese vom Einsatzbetrieb angeboten wird. Es ist die Kündigungsfrist einzuhalten. Bei einem vertrauensvollen, fairen Verhältnis ist das ohnehin kein Problem.

Fazit 3

Personaldienstleister, die Temporärmitarbeitende an ihre Kunden durch Festanstellungen verlieren, können sich glücklich schätzen. Die Selektion überzeugt den Kunden. Sie haben dessen Personalprobleme nachhaltig gelöst. Solche Geschäftsbeziehungen halten und bringen auf Dauer mehr Umsatz und Gewinn.

Fazit 4

Gute Personaldienstleister wissen, dass Unternehmen immer Personalprobleme haben. Menschen sind unstet und funktionieren nicht wie Algorithmen. Sie kommen und gehen. Wenn der Personaldienstleister mehr Problem als Lösung ist, wird er versenkt. Es gibt genug andere Anbieter, die sofort Lücken füllen. Alles ist in Bewegung. So ist Wirtschaft.