Feb 28

Regulierungskosten – Das Arbeitsvermittlungsgesetz kostet die Personalverleihbranche jedes Jahr 40 Millionen. Millionen für die Bürokratie.

Autor: Schweizerischer Gewerbezeitung

Die Revision des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) im Zusammenhang mit den Flankierenden Massnahmen II hat die Regulierungskosten im Personalverleih massiv erhöht. Der Verband der Personaldienstleister der Schweiz swissstaffing, der 242 Unternehmungen vertritt, hat kürzlich detailliert ausgerechnet, wie teuer der Bürokratiewahn der Branche zu stehen kommt (ein Beitrag von: Matthias Engel, Schweizerische Gewerbezeitung).

Die Pflicht zur Einhaltung der Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen sowie insbesondere der Beiträge für Weiterbildung, Vollzug und allfällige Vorruhestandslösungen (FAR) von allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen (ave GAV) bedeutet für die Personalverleiher, dass sie ihre Einsatzverträge und Lohnabrechnungen nach über 5000 Parametern programmieren müssen. Der Personalverleih kann heute nicht mehr ohne eine entsprechende GAV-Datenbank abgewickelt werden.

«Wir schätzen den Aufwand für den Betrieb und die kontinuierliche Pflege einer GAV-Datenbank auf 200‘000 Franken pro Jahr. Da in der Branche vier solche Datenbanken existieren, kosten allein diese jährlich 800‘000 Franken», erklärt Vizedirektorin Myra Fischer-Rosinger.

Zeitintensive Administration

Den zusätzlichen Aufwand der Personalberatenden für die GAV-konforme Vertragserstellung schätzt der Verband auf einen Arbeitstag pro Monat und Personalberater. Bei 3000 branchenweit tätigen Personalberatenden führt dies bei einem durchschnittlichen Tagessatz von 200 Franken zu Kosten von insgesamt 7,2 Millionen Franken. Zusätzlicher Administrationsaufwand entsteht durch die Tatsache, dass die abgerechneten Weiterbildungs-, Vollzugs- und FAR-Beiträge an rund 70 verschiedene paritätische Institutionen abgeführt werden müssen. Dazu muss man wissen: Jeder GAV hat seine eigene paritätische Kommission.

Den Aufwand für die GAV-konforme Abrechnung der Weiterbildungs-, Vollzugs- und FAR-Beiträge schätzt swissstaffing auf 1 Mannmonat je Personalverleihfirma. Bei rund 700 Firmen und einem Monatsgehalt von 8000 Franken macht das für die Gesamtbranche 5,6 Millionen Franken.

Kontrollen kosten 1 Million

«Die Einhaltung der ave GAV durch die Personalverleiher wird von den paritätischen Organen kontrolliert. Auch die Vorbereitung solcher – häufig unkoordinierten – Kontrollen bindet Personal und verursacht Aufwand», weiss Myra Fischer-Rosinger. Sie schätzt diesen auf 1 Mannjahr je 370 Millionen Lohnsumme. «Bei einer Branchenlohnsumme von 3,7 Milliarden und einem Jahresgehalt von 100‘000 Franken kostet dies insgesamt eine Million Franken. Und dies jedes Jahr.»

Insgesamt betragen die eigentlichen Regulierungskosten in der Personalverleihbranche somit 15 Millionen Franken pro Jahr. «Sie kreieren absolut keinen Mehrwert, sondern sind reine Bürokratie», ärgert sich Fischer-Rosinger.

Um 25 Millionen betrogen

Die swissstaffing-Vizedirektorin fügt sogleich hinzu, dass die Personalverleihbranche durch die Revision des Arbeitsvermittlungsgesetzes jedes Jahr nicht nur 15, sondern sogar 40 Millionen verliert. Schuld daran sind die abgeführten GAV-Beiträge, von denen weder die Personalverleiher noch die temporär Beschäftigten profitieren können. «Bei der Einführung der Regelung argumentierte man damit, dass man gleich lange Spiesse zwischen Festangestellten und Temporärarbeitenden schaffen wollte», so Fischer-Rosinger. Doch diese könnten von den Abgaben nur sehr vereinzelt profitieren. Trotz gesetzlicher Erfordernis – die swissstaffing-Vizedirektorin verweist auf Art. 48e AVV – hat bis heute keine der paritätischen Kommissionen ordnungsgemäss Rechenschaft über die Verwendung der bei der Verleihbranche erhobenen Beiträge abgelegt.

«Aufgrund uns vorliegender Dokumente müssen wir annehmen, dass diese Gelder nicht im Sinne des parlamentarischen Auftrages verwendet wurden, also nicht nur für Weiterbildung und nur sehr selten zum Vorteil der temporären Mitarbeitenden», erklärt sie.

Rund ein Drittel der Temporärarbeitsverhältnisse finden in Branchen mit einem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag statt und unterstehen diesem folglich. «Wir schätzen das Gesamtvolumen der jährlich abgeführten GAV-Beiträge für Weiterbildung und Vollzug auf drei bis vier Millionen Franken sowie für den frühzeitigen Altersrücktritt auf über 20 Millionen Franken.»

Wer weiss, dass die Temporärarbeitsbranche pro Jahr 125 Millionen Einsatzstunden vermittelt und somit Arbeitsplätze schafft, die es ansonsten nicht gäbe, kann nachvollziehen, wie sehr die übermässigen Regulierungskosten dem Wirtschaftsstandort Schweiz schaden.