Nov 20

Kann die Lohnpolizei der Lohngerechtigkeit zum Durchbruch verhelfen?

Autor: PersonalRadar
Im November 2015 hat der Bundesrat eine neue Gesetzesvorlage mit einem Kontrollzwang für die Unternehmen in die Vernehmlassung geschickt. Ziel dieser Vorlage ist die Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männer herzustellen. Kann das schlecht sein? Eigentlich nicht. Führt es zum Ziel? Wahrscheinlich nicht.
Vorgeschlagen wird, dass Firmen, die mindestens 50 Mitarbeitende beschäftigen, alle vier Jahre eine Analyse ihrer Lohnstruktur vornehmen lassen müssen, um die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern untersuchen zu lassen. Absicht war auch, dass Firmen bestraft werden können, wenn sie sich nicht daran halten. Das ist inzwischen wieder vom Tisch. Wahrscheinlich gibt es eine Meldepflicht an die Behörden, wenn säumige Unternehmen nicht mitmachen wollen.
Wie immer bei solchen Vorhaben ist es für die Einen zu wenig und für die Anderen zu viel. Ob dann die Vorlage auch im Parlament durchkommt, muss bezweifelt werden. Sicher ist, dass es ein wenig nachdenklich stimmt, dass die Lohngleichheit im 21. Jahrhundert zwischen den Geschlechtern nach wie vor Diskussionen auslöst. Sie sollte, wie schon oft in diesem Blog geschrieben, eine Selbstverständlichkeit sein. Nachfolgend noch eine interessante Sichtweise von der NZZ wie folgt:
Warum der Arbeitsmarkt nicht versagt hat
Aus Sicht des Think-Tanks Avenir Suisse sind die anvisierten Massnahmen des Bundes zur Beseitigung der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen eine falsche Therapie. Der Bund operiere aufgrund einer Fehldiagnose. Laut Avenir Suisse bestehen zwar gemäss den statistischen Lohnstrukturerhebungen Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen, die sich nicht erklären liessen. Allerdings zieht die Denkfabrik bei der Frage, warum dies so sei, andere Schlüsse als der Bundesrat. Nicht ein Versagen des Arbeitsmarktes und eine Diskriminierung der Frauen seien der Grund, sondern Verhaltensunterschiede in der Arbeitswelt, deren Ursache in der Gesellschaft liege – und in den statistischen Erhebungen des Bundes zu wenig berücksichtigt werde.

Quelle: Avenir Suisse, Klicken Sie aufs Bild für mehr Informationen.

Die nun diskutierten Massnahmen des Bundes, so mahnt Avenir Suisse, könnten sich eher noch zuungunsten der Frauen auswirken, weil sie die Unternehmen veranlassen könnten, weniger Frauen einzustellen. Tatsächlich seien nämlich die Reallöhne der Frauen in den vergangenen Jahren um 50% gestiegen. Verbleibende Lohnunterschiede seien auf Erwerbsunterbrüche und Teilzeitanstellungen zurückzuführen. Die Lohnunterschiede seien deshalb besonders ausgeprägt zwischen Vätern und Müttern und nicht zwischen Männern und Frauen. Frauen strebten zudem in Antizipation einer späteren Schwangerschaft Berufe und Tätigkeiten an, die sich leichter mit der Familie vereinbaren liessen – die in der Regel jedoch auch schlechter bezahlt seien.

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass für die gleiche Arbeit auch der gleiche Lohn ins Portemonnaie der Frauen kommt.

Diese Faktoren, die auch lohnrelevant seien, so kritisiert Avenir Suisse, würden in der statistischen Analyse des Bundes ausgeklammert. Untersuchungen etwa aus Deutschland zeigten dagegen, dass, wenn die effektiven Jahre in Voll- und Teilzeit sowie Babypausen berücksichtigt würden, sich die Lohndifferenz quasi auflöse. Die Verhaltensunterschiede von Müttern und Vätern hätten vor allem mit tradierten Werten zu tun. Die letzte Meile der Gleichstellung sei deshalb die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, damit sich Frauen stärker beruflich engagieren könnten (von Nadine Jürgensen, Quelle: NZZ)

Ob das wirklich so ist, wie es Avenir Suisse zum Besten gibt, ist sicher eine vieler Sichtweisen, über die es lohnt nachzudenken. Warum Frauen weniger verdienen wie Männer, kann immer mit vielen guten Argumenten und passender Statistik bestens begründet werden. Fakt bleibt: Es ist unschön, ungerecht und nicht zu rechtfertigen. Die sogenannte Lohnpolizei ist ein Versuch und ein Weg Gerechtigkeit zu schaffen. Ob es wirklich der richtige Weg ist, wird sich noch weisen müssen. PersonalRadar bleibt dran.