Führungskraft: Mach dich auf etwas gefasst. ‘New Work’ pflügt sich durchs Ego.
Das Führungsverhalten vieler Vorgesetzten ist in die Jahre gekommen. Altbackene Führungsprinzipien frustrieren viele. Nachfolgend ein paar Anregungen was auf Führungskräfte zukommt und wie diese in der Balance bleiben, ohne abzustürzen.
Das Führen von Menschen ist anspruchsvoll. Das ‘Top-Down-Führungsprinzip’ ist aus der Mode gekommen und wird von vielen abgelehnt. ‘New Work’ ist in aller Munde. Wie wirkt sich diese auf Führungsprinzipien aus? Stark!
New Work ist ein Sammelbegriff, mit dem verschiedene, meist alternative Arbeitsmodelle und –formen umschrieben werden. Der Begriff geht auf den Sozialphilosophen Frithjof Bergmann zurück, der Mitte der Siebzigerjahre das Theoriekonzept der neuen Arbeit entwickelt hatte (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Frithjof_Bergmann).
Viele wollen das Neue und möchten mit der Zeit gehen. Die Aufbruchstimmung wird mit Begeisterung zelebriert. Die Lust auf andere Leistungsformen wird erwartet. ‘Employer Branding’ ist das neue Emblem der unternehmerischen Identifikation.
Alle sind lieb zu allen und die Eigenverantwortung ist der neue Kanon der modernen Führungskultur. Der Teamgeist soll bitte schön nicht in der Flasche bleiben. Er soll wie ein Dschinn überwältigend lächelnd aus dem Flaschenhals flutschen und alle Wünsche sofort erfüllen.
Meistens gibt es im Führungsalltag kein Wunschkonzert. Die Kakofonie ist nie weit. ‘New Work’ ist interessant, aber für Führungskräfte auch ein Minenfeld und konfliktreich.
Nachfolgend ein paar Hinweise, was sich mit ‚New York‘ ändern könnte:
Die Erwartung, dass Vorgesetzte alles wissen müssen, ist eine Mär.
Sehr oft wissen die Unterstellten viel mehr als der Chef oder die Chefin. Die einen können das akzeptieren, betrachten das als Teil des modernen Wissensmanagement und die kluge Verteilung von Kompetenzen auf viele Köpfe. Die anderen kommen sich verloren vor, hassen es an Macht wie auch an Einfluss zu verlieren und klammern sich an jeden Vorsprung. Lassen Sie los. Alles angeblich wissen zu müssen, ist unmöglich. Das Verteilen von Wissen ist Teil der Wirklichkeit. Wissensteilung ist klug.
Vorgesetzte müssen immer besser sein als die anderen. Wirklich?
Auch das kann man sich in der Zwischenzeit abschminken. Als Chef oder Chefin kann man nie alles besser. Das Ego wird darunter leiden. Wenn dieses jedoch grösser ist als die Erkenntnis, dass das schnell wachsende Wissen nur noch als Team zu bewältigen ist, soll man sich vom Acker machen und den Weg für frische Führungskräfte öffnen, die akzeptieren können, dass Brillianz nichts mit Besserwisserei zu tun hat.
Die Lösung kommt nicht immer von der Führungskraft.
Die beste Idee oder die beste Lösung soll, unabhängig von der Person, gewinnen. Nicht das Ego, sondern die zündende Idee führt zur Lösung. Das Erreichen einer Lösung geht nie in Form eines Kamels durchs Nadelöhr. Es ist die Inspiration, die dazu führt. Lösungen sollten frei von Hierarchie sein. Vorgesetzte, die jenen den Lorbeerkranz aufs Haupt setzen, die dazu beigetragen haben, sind gute Vorbilder. Die anderen polieren ihr Ego und hoffen auf Goldglanz.
Das Team funktioniert als Team, wenn man es auch arbeiten…
…lässt und den Tatendurst nicht immer mit Nichtigkeiten unterbricht. Viele Vorgesetzt plustern sich den lieben langen Tag auf und meinen so ihre Position legitimieren zu müssen. Das Ego wächst als Wolkenkratzer in den ‘Wichtigkeits-Himmel’ und überragt alle. Meistens ist das auf Sand gebaut. Geht das Team von Bord und ist nicht mehr führbar, stürzt der Wolkenkratzer ein und das Ego geht den Bach runter.
Das Zurückhalten von Informationen ist kein Vorsprung, sondern eine Zumutung.
Sicher können Vorgesetzte nicht immer alles teilen und preisgeben. Wenn zurückgehaltenes Wissen jedoch Arbeitsprozesse behindert, damit man das eigene ‘Macht-Ego’ bedienen kann, dann wird es gefährlich. Gute Führung macht sie dann bemerkbar, wenn Wissen geteilt wird und das zu stimmigen Arbeitsergebnissen führt. Chefs, die ihr Wissen und ihre Informationen nicht teilen, werden oft von ihrer Entourage ins Off gestellt und ebenso trockengelegt. Versiegt der Strom an Informationen, verdorrt das Ego und wird auf sein eigentliches Mass zurechtgestutzt: die Bedeutungslosigkeit.
Das Delegieren von Verantwortung und das Loslassen…
…von Aufgaben sind Eigenschaften, die mit dem Ego selten in Einklang gebracht werden können. Vielen kommt das wie eine Erosion der eigenen Macht vor und löst starke Verunsicherungen aus. Verlassen sie ausgetretene Pfade und stürzen Sie sich in ein Abenteuer. Das Abgeben von Verantwortung ist ein Teilen der Last auf verschiedene Schultern. Es schweisst zusammen, fördert das Prinzip der selbstlernenden Organisation und schafft Vertrauen. Die Egos, die immer alles alleine machen wollen, brechen später unter der Last zusammen und erhalten im Gegenzug auch keine Hilfe. ‘Das Ego muss gefüttert werden’, heisst es immer wieder. Die Raubtiernummer ist out. Lassen Sie das Ego aus der Manege. Das Peitschenschwingen ist mit ‘New Work’ erst recht out.
Eine schwache Führung ist angeblich dann schwach, wenn das Ego Schwäche zeigt.
Die mit Testosteron geschwängerte Etagenluft in den Führungszirkeln der Macht, macht atemlos. Am besten ist es einfach durchzulüften und das eigene Ego an die frische Luft zu setzen, damit der Sauerstoff das klare Denken ermöglicht. Stark wirkt man, wenn man Schwäche zeigen kann und zu spüren gibt das ‚Superman‘ oder ‚Superwoman‘ aus der Welt der Comics stammt.
Nur keine Gefühle zeigen.
Auch das hinterlässt zwiespältige Eindrücke. Wer mit steinerner Miene die Bühne betritt, und den Fels in der Brandung mimt, muss wahrscheinlich eine starke Führungspersönlichkeit sein. Ach wo. Dem ist nicht so. Die schauspielernden Fähigkeiten vieler Chefs auf den ‘Ego-Bühnen’ sind meistens selbst entlarvend und aus der Zeit gefallen. Auch Vorgesetzte dürfen zeigen, dass sie aus Fleisch und Blut sind. Menschlichkeit hat nichts mit Schwäche zu tun. Sie zeigt auf, dass man Einfühlungsvermögen besitzt und über eine vielschichtige Ausdrucksfähigkeit verfügt, die in einer modernen Arbeitswelt mehr bietet als ein wichtigtuerischer Eisblock auf zwei Beinen.
Liebe Vorgesetzte, ‘New Work’ ist kein frisches Hemd, das man einfach so anzieht und dann mit dem neuen Erscheinungsbild Eindruck schindet. ‘New Work’ ist eine anstrengende Geisteshaltung, die viel von einem abverlangt. Echtheit in der Handlungsweise ist gefragt. Man nennt das auch Authentizität des Tuns.
Sich konsequent in Frage stellen und sich Rechenschaft darüber ablegen, ob die eingeschlagene Richtung wirklich richtig ist, ist keine Taktik oder Strategie, sondern ein Richtungswechsel der fundamentalen Art. Das Pflegen des Selbst oder das Hochhalten der Eigenliebe sind nicht per se schlecht, sondern auch ein wirkmächtiger Teil der psychohygienischen Prozesse, um gut durchs Leben zu kommen.
‘New Work’ orientiert sich mehr am kreativen Kollektiv der gebündelten Intelligenz, wo Sachen entstehen können, die das bewährt Nützliche zu schätzen weiss und Platz macht für neue Idee, um die Entwicklung von Arbeitsprozessen voranzubringen.
Wer das eigene Ego über Bord schmeisst, verliert an Gewicht und gewinnt an Höhe. Höhe verschafft einen besseren Überblick für die nächste Punktlandung. Vorgesetzte braucht es immer. Aber bessere.