Jan 29

Grosse Klappe und bescheidene Kompetenz, können Karrieren beflügeln…

Autor: PersonalRadar

Die Herren David Dunning und Justin Kruger, zwei Sozialpsychologen, haben 1999 herausgefunden, dass eine übersteigerte Selbstwahrnehmung dazu führen kann, dass man das eigene Wissen und Können stark überschätzt.

Diese Erkenntnis haben wahrscheinlich schon die Frühmenschen gewonnen, wenn es Mitglieder in ihren Reihen gab, die wohl die Anwendung des Faustkeils kannten, aber nicht wussten wie er hergestellt wird und dennoch den Mitgliedern der Sippe frivol davon erzählten wie gut sie darin sind. Eine grosse Klappe haben, um über bescheidene Kompetenz hinwegzutäuschen, gibt es seit Menschengedenken.

Viele moderne Boulevardmedien leben insgeheim vom ‚Infotainment-Trash‘, wo seichte Geschwätzigkeit bescheidenes Wissen kaschiert und die Blender wissen, wie man sich in Szene setzt, die Bühne beherrscht und die Puppen tanzen lässt, aber dann meistens kläglich versagen, wenn fundierte Wissenskompetenz verlangt ist.

Das Phänomen ist deshalb schon lange in der modernen Welt angekommen, weit verbreitet und ging als Dunning-Kruger-Effekt in die Annalen ein.

(Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Mohamed Hassan)

Die meisten dürfen davon ausgehen, dass sie nicht als Marie Curie oder Albert Einstein geboren wurden, die jeweils mit ihrer sehr hohen Intelligenz die Wissenschaft in den Bereichen Physik, Mathematik und Chemie über Jahrzehnte prägten und grossartige wissenschaftliche Leistungen erbrachten, die später auch durch verdiente Nobelpreiswürden geehrt wurden.

Viele verfügen eben nur über eine durchschnittliche Intelligenz, die sie befähigt, die Schnürsenkel selber binden zu können, ihnen ermöglicht einigermassen die Grundfähigkeiten des Schreibens, Rechnens und Lesens zu beherrschen und sie intellektuell soweit über Wasser hält, dass sie das Leben begreifen, bestreiten und geniessen können. Nicht mehr und nicht weniger.

Was hat es nun mit den beiden amerikanischen Sozialpsychologen auf sich? 1999 führten sie an der privaten Cornell Universität in Ithaca, New York, einen Versuch durch. Die Uni gibt es übrigens schon seit 1865 und ist eine der angesehensten Bildungsstätten des Landes. Deshalb darf man davon ausgehen, dass die Wissenschaft seriös betrieben wird. Die Reputation dieser ‚Ivy League Uni‘ ist ungebrochen hoch.

Die beiden Herren haben, einfach ausgedrückt, herausgefunden, dass Nichtwissen zu mehr Selbstvertrauen und Selbstüberschätzung führen kann als profundes Wissen. Die Klugen und Lebensgebildeten machen immer wieder die schmerzhafte Erkenntniserfahrung, je mehr sie wissen, desto mehr gewinnen sie das dumpfe Gefühl, dass sie nichts wissen und der stets grösser werdende Ozean an Wissen ihnen ein Gefühl der Unwissenheit gibt.   

Die Erkenntnisse haben sie in ihrer Studie ‚Unskilled and Unaware of it: How Difficulties in Recognizing One’s Own Incompetence Lead to Inflated Self-Assessments‘. Die Studie ist 14 Seiten stark und interessant zu lesen (siehe am Schluss des Beitrages, Englisch). Kern ihrer Studie ist die Schlussfolgerung, dass weniger kompetente Menschen:

  • dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen,
  • überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht erkennen,
  • das Ausmass ihrer Inkompetenz nicht richtig einschätzen,
  • durch Bildung oder Übung nicht nur ihre Kompetenz steigern, sondern auch lernen können, sich und andere besser einzuschätzen.

Folgender Satz von David Dunning bringt es auf den Punkt:

„Wenn man inkompetent ist, kann man nicht wissen, dass man inkompetent ist […]. Die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um eine richtige Antwort zu geben, sind genau die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um zu erkennen, was eine richtige Antwort ist.“

Die pointiert zelebrierte Selbstüberschätzung und überkandidelte Selbstliebe von Menschen mit einem gigantischen Ego, können dazu führen, dass selbst die Spröden, Kritischen und Nüchternen sich blenden lassen und es daher nicht selten dazu kommt, dass zum Beispiel Führungspersonen paradoxerweise von diesen in Positionen gehievt werden, die sie trotz allen vorher erkennbaren Defiziten, nie und nimmer ausfüllen können.

(Bildquelle: www.pixabay.com, Fotograf: Mohamed Hassan)

Dieses übersteigerte Selbstmarketing schafft ein Erscheinungsbild, das manchmal so überzeugend wirkt, dass allen Warnzeichen zum Trotz, die übertriebene Darstellungsperformance solcher Egomanen erfolgreich bleibt und erst später entlarvt wird, wenn es meistens schon zu spät und der Schaden angerichtet ist. Nicht selten müssen solche Fehlleistungen jene ausbaden, die gar nichts dafür können: die Belegschaft.

Die Arbeitswelt ist komplex und anstrengend geworden. Ein robustes, selbstbewusstes Auftreten ist sicher richtig, wenn dieses durch Kompetenz, Empathie und reifer Selbstreflektion unterstützt wird.

Leider ist die Realität in der Berufswelt ein wenig anders. Viele erinnern sich wahrscheinlich eher an Männer als an Frauen in Führungspositionen, die meistens nicht sonderlich gebildet waren, aber materiell, finanziell überdurchschnittlich ‚performten‘ und es daher vielen Geführten schwer fiel, zwischen einem übersteigerten Selbstbewusstsein und echter Kompetenz zu unterscheiden.

Viele skrupellose Karrieristen, eiskalte Narzissten und gefühlslose Psychopathen machen in der Wirtschaft leider nicht selten genug eine steile Karriere, nicht weil sei ausserordentlich gut sind, sondern falsche Fährten legen, sich als Persönlichkeit grösser erscheinen lassen als sie wirklich sind und so den Eindruck erwecken, dass deren ‚Kompetenz‘ ebenso grösser wirkt als sie in Wirklichkeit ist.

Leider ist dabei oft genug zu beobachten, dass mehrheitlich männliche Narzissten, Überehrgeizige und Psychopathen Karriere im Eiltempo machen und Frauen zum Beispiel, die tendenziell weniger überheblich sind, überlegter wie auch sozialbestimmter handeln und das eigene Ego im Zaum halten, auf dem Weg in die Beletage scheitern, obwohl deren Wesensmerkmale einer nachhaltigen und erfolgreichen Führungskultur besser entsprechen würden.

Nachfolgend noch ein wenig Fachliteratur zu diesem Thema: