Sep 30

Haben Temporärmitarbeitende Anspruch auf ein Arbeitszeugnis? Klar – sie müssen jedoch darauf bestehen, wenn es nicht ausgestellt wird!

Autor: PersonalRadar

Personaldienstleister müssen für ihre Mitarbeitende, die für sie temporär arbeiten, immer ein Arbeitszeugnis oder eine Arbeitsbestätigung ausstellen. Sie sind die Arbeitgebenden und dazu verpflichtet. Wenn es nicht automatisch ausgestellt wird, muss man es nachdrücklich verlangen.

Nachfolgend wichtige Tipps, die für Arbeitnehmende in Sachen Arbeitszeugnis allgemein gültig sind. Auch für solche mit einem Temporärvertrag:

  1. Arbeitnehmende können immer von Arbeitgebenden ein Arbeitszeugnis verlangen, das sich über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über Leistungen und Verhalten ausspricht.
  2. Auf besonderes Verlangen der Arbeitnehmenden hat sich das Zeugnis auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken.

Es gibt einiges zu beachten, um ein korrektes Arbeitszeugnis auszustellen (Bildquelle: www.pixabay.com)

Wann ist ein Arbeitszeugnis fällig?

  1. Ein Zeugnis kann immer verlangt werden, im ungekündigten Arbeitsverhältnis, nach erfolgter Kündigung, im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch nachher.  Der Zeugnisanspruch verjährt nach Ablauf von 10 Jahren seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  2. 8-tung: Der Anspruch auf ein Vollzeugnis kann aber schon vor Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen, wenn z.B. wegen fehlender Unterlagen, mangelnden Gedächtnisses, Austritts ehemaliger Vorgesetzten, die Ausstellung eines ordnungsgemässen Zeugnisses unmöglich geworden ist.
  3. Der Zeugnisanspruch wird allerdings erst fällig, wenn Arbeitnehmende ein Zeugnis ausdrücklich verlangen. Der Arbeitgeber muss ein Zeugnis nicht unaufgefordert ausstellen.

Was ist ein Vollzeugnis?

Das Vollzeugnis enthält Angaben über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über Leistungen und Verhalten des Arbeitnehmenden. Verlangen Arbeitnehmende einfach ein Zeugnis, so muss ein Vollzeugnis ausgestellt werden. Nur auf besonderes Verlangen soll sich das Zeugnis auf eine Arbeitsbestätigung beschränken. Arbeitnehmende können auch neben einem Vollzeugnis eine Arbeitsbestätigung verlangen oder umgekehrt. Aber es kann auf keinen Fall verlangt werden, dass sich ein Vollzeugnis auf Angaben nur über die Leistungen oder nur über das Verhalten beschränkt, weil eine solche Beschränkung der Irreführung dienen würde und somit die Aussagekraft eindeutig schmälert.

Aus was besteht ein Vollzeugnis?

  • Arbeitnehmende haben Anspruch auf ein wahrheitsgemässes, klar formuliertes und vollständiges Zeugnis. Auch der Grund für die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses ist zu erwähnen, wenn dieser zur Würdigung des Gesamtbildes Arbeitnehmender notwendig ist und bei Weglassung desselben das Zeugnis unwahr und unvollständig wäre (z. Bsp. Entlassung wegen Diebstahl, Veruntreuung, Gewalt am Arbeitsplatz, sexuelle Belästigung usw).
  • Der Endigungsgrund ist ferner auf Wunsch der Arbeitnehmenden anzugeben (z.Bsp. Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen, Austritt im gegenseitigen Einvernehmen). Häufig findet sich auch der Zusatz ‚auf eigenen Wunsch’, wenn die Kündigung von Arbeitnehmenden ausging. Aber 8-tung: Arbeitnehmende haben keinen Anspruch auf Bestätigung dessen, was Arbeitgebende in guten Treuen nicht oder noch nicht erklären können. Die Erklärung, Arbeitnehmende verlassen die Firma ‚frei von jeder Verpflichtung’, kann auch im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verweigert werden, z.B. beim Bestand eines Konkurrenzverbots oder im Hinblick auf eventuelle, erst nachträglich feststellbare Verantwortlichkeiten Arbeitnehmender. Denn durch diese Erklärung würden Arbeitnehmende von den entsprechenden Verpflichtungen gegenüber der Firma befreit. Es empfiehlt sich für den Arbeitgebende, diese oft gedankenlos hingeschriebene Floskel überhaupt nicht zu verwenden.
  • Das Arbeitszeugnis soll das wirtschaftliche Fortkommen der Arbeitnehmenden nicht unnötig erschweren und daher grundsätzlich wohlwollend formuliert sein. Das bedeutet aber entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht, dass damit Arbeitnehmende auch Anspruch auf ein gutes Zeugnis haben. Das Zeugnis darf und muss auch negative Punkte enthalten, soweit sie für die Würdigung des Gesamtbildes der Arbeitnehmenden von Bedeutung sind. Andernfalls würde das Zeugnis den Erfordernissen der Wahrheit und Vollständigkeit widersprechen.
  • Bei Werturteilen haben Arbeitgebende die üblichen Massstäbe und ein pflichtgemässes Ermessen anzuwenden. Gegenstand des Zeugnisses sind nur Leistung und Verhalten im Betrieb, nicht auch Vorkommnisse aus dem Privatleben der Arbeitnehmenden (z.B. partnerschaftliche Geschichten, unbezahlte Steuern, Alkoholprobleme und dergleichen). Vorkommnisse und Eigenschaften aus dem Privatleben dürfen dann im Zeugnis erwähnt werden, wenn sie auch im Betrieb signifikant in Erscheinung getreten sind. Dagegen gehören Angaben, die auf einem blossen Verdacht gründen, nicht ins Zeugnis.
  • Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich in der Praxis eine eigene Zeugnissprache entwickelt hat. Für den unbefangenen Leser eher positive Formulierungen haben nach dieser Zeugnissprache für Eingeweihte eine negative Bedeutung. In Personalabteilungen zirkulieren verschiedene Listen zur Interpretation solcher Formulierungen. Die Verwendung der Zeugnissprache ist zwar heute nach wie vor weit verbreitet, nichtsdestoweniger aber gesetzwidrig, nämlich wider den Grundsatz von Treu und Glauben. Sie widerspricht dem Erfordernis der Klarheit eines Zeugnisses. Die Zeugnissprache ist nicht nur für die Arbeitnehmenden irreführend, sondern auch für die Arbeitgebenden, denn manche dieser, zumal in gewerblichen Kleinbetrieben, sind in dieser ‚Geheimsprache‘ nicht bewandert und zudem gibt es in der heutigen Praxis sogar mehrere, voneinander abweichende Zeugnissprachen.

Die Arbeitgebenden sollten als Verfasser von Zeugnissen daher Zeugnissprachen nicht verwenden und umgekehrt als Leser von Zeugnissen auf sie achten, wollen sie nicht ungerechtfertigte Nachteile erleiden.

Falls Arbeitgebende sich zu sogenannten ‚uncodierten Arbeitszeugnissen‘ bekennen, ist es wichtig, dass das auch am Schluss des Textes noch erwähnt wird. Nicht jedes schlecht formulierte Arbeitszeugnis widerspiegelt die wirkliche Leistung. Das Schreiben von Arbeitszeugnissen erfordert jedoch viel Erfahrung, textliches Fingerspitzengefühl und fundierte arbeitsrechtliche Erfahrung.

Viele Arbeitszeugnisse weisen zudem Schreibfehler auf, sind mit den falschen Grunddaten versehen (Namen, Geburtsdatum usw.) und sind mit widersprüchlichen Codierungen ‚kontaminiert‘. Es lohnt sich auf jeden Fall, das Arbeitszeugnis nach Erhalt sofort auf seine Richtigkeit zu prüfen. Ein Zeugnis kann immer korrigiert werden, wenn es die Umstände erfordern. Im Streitfall ist es sowieso besser, wenn man sich von einer unabhängigen Fachstelle beraten lässt. Nicht alles ist immer falsch, was falsch scheinen mag.