Apr 6

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Trifft den Arbeitgeber eine Präventionspflicht?

Autor: Ertl & Partner Rechtsanwälte

Heutzutage ist klar: sexuelle Belästigung, auch am Arbeitsplatz, ist ein absolutes No-Go.

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Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses liegt es in der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin, die Persönlichkeit ihrer Mitarbeitenden zu achten und zu schützen. Sie muss insbesondere auch dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden nicht sexuell belästigt werden und den Opfern von sexueller Belästigung keine weiteren Nachteile entstehen, so sagt es das Obligationenrecht.

Die Arbeitgeberin muss nach Bekanntwerden einer sexuellen Belästigung zum einen Massnahmen zum Schutz der betroffenen Person ergreifen und zum anderen Sanktionen gegen die belästigende Person aussprechen. Doch trifft die Arbeitgeberin auch eine Präventionspflicht zur Verhinderung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz?

Caroline Hasler, Rechtsanwältin bei Ertl & Tschudi, Autorin dieses Beitrages (Bildquelle: https://www.ertl-tschudi.ch/caroline-hasler)

Die Antwort lautet: Ja, die Arbeitgeberin trifft eine Präventionspflicht! Diese Pflicht ergibt sich aus dem Gleichstellungsgesetz. Dieses sieht vor, dass der betroffenen Person eine Entschädigung zugesprochen werden kann, sofern die Arbeitgeberin den Beweis nicht zu erbringen vermag, notwendige, angemessene und zumutbare Massnahmen zur Verhinderung sexueller Belästigung getroffen zu haben. Dabei kann eine maximale Entschädigung von sechs Monatslöhnen zugesprochen werden, wobei in Abweichung zur missbräuchlichen Kündigung  der schweizerische Durchschnittslohn die Berechnungsgrundlage bildet.

Aber was heisst denn nun notwendige, angemessene und zumutbare Massnahmen?

Dies kann nicht für jedes Unternehmen gleich beurteilt werden, vielmehr kommt es auf die jeweilige betriebliche Situation und das damit verbundene Risikopotenzial für sexuelle Belästigungen an. Dabei ist nicht nur das Risikopotenzial für Belästigungen durch andere Mitarbeitende miteinzubeziehen, sondern auch jenes durch Dritte, z.B. Kunden. So müssen beispielsweise in einem Barbetrieb oder einer Küche andere Massnahmen getroffen werden als an einem Gericht. Klar ist jedoch, dass die Präventionspflicht ausnahmslos alle Arbeitgeberinnen trifft, unabhängig von Branche oder Betriebsgrösse.

In den meisten Fällen praktikabel und gut umsetzbar ist die Erstellung von entsprechendem Informationsmaterial und Verteilung des Materials an alle Mitarbeitenden. Entscheidend ist dabei, dass die Mitarbeitenden von diesen Präventionsmassnahmen Kenntnis nehmen und die Arbeitgeberin diese Kenntnisnahme auch nachweisen kann. Ein blosses Bekenntnis in den allgemeinen Anstellungsbedingungen, sexuelle Belästigung nicht zu tolerieren, reicht nicht aus. Die Arbeitgeberin muss in diesem Informationsmaterial klar statuieren, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht geduldet und entsprechend sanktioniert wird. Idealerweise zeigt die Arbeitgeberin möglichst konkret den betriebsinternen Verfahrensablauf bei sexuellen Belästigungen auf und gibt eine entsprechende Anlaufstelle für betroffene Personen an.

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Dr. Alex Ertl, Hannah Tschudi und Caroline Hasler (von links)