kununu.com ist ein Summand. Hakuna Matata.
Die Bewerbungsplattform kununu.com stammt aus Österreich. Sie soll dazu beitragen, dass die Arbeitswelt besser wird und Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer mehr voneinander erfahren. Der Name ‚kununu’ kommt übrigens aus der ostafrikanischen Sprache Suaheli und bedeutet soviel wie ‚unbeschriebenes Blatt’. So weit so gut.
Gemäss den Angaben auf der Webpage sind mehr als 200’000 Nutzende auf der Plattform angemeldet, die zu mehr als 70’000 Firmen Bewertungen abgegeben haben. Die vielen Bewertungen und Meinungen machen die Arbeitswelt transparenter und angeblich besser. Wirklich?
Der Vergleich mit anderen Bewertungsplattformen aus der Komfortindustrie wie zum Beispiel Tourismus, Hotellerie oder Gastronomie hinkt ein wenig. Gehen die Touristen ins Hotel und ist es schlecht, dann wird das meistens in allen Details zum Besten gegeben. Oft sogar mit einer ausgiebigen Bilddokumentation der verbauten Aussicht, der krabbelnden Tierchen unter der Matratze oder den Blutflecken auf der blütenweise Berufskleidung des Chefkochs. Genauso verhält es sich mit dem Restaurantbesuch. Gute, sachliche wie auch korrekt verfasste und detaillierte Bewertungen finden selten einen Platz auf solchen Plattformen. Bei der Kritik ist dann die Sprache weitaus üppiger, konkreter, süffisanter und bisweilen brachialer. Zudem wird man auch nicht entlassen, wenn herauskommt wer die Kritik verfasst hat. Im schlimmsten Fall erhält man Restaurantverbot. Aber wer geht sich schon ein zweites Mal an dem Ort verköstigen, wo einem der Bissen stecken blieb?
Interessant ist bei kununu folgende Feststellung: Wenn Benutzende sich über eine Firma informieren möchten, dann fällt auf, dass die Erfahrungsmeldungen zu einem bestimmten Arbeitgeber ein sehr schwaches Gewicht zu den getätigten Aufrufen bilden. Mit anderen Worten schauen sich ganze viel Neugierige die Bewertungen an und dann ist plötzlich fertig. Die wichtigen Erfahrungsmeldungen, also die Informationen welche Mitarbeitende oder ehemalige Mitarbeitende der jeweiligen Firma auf dem Portal hinterlassen, sind mager gesät. Viele sind negativ besetzt. Wahrscheinlich wurden diese von ehemaligen Mitarbeitenden verfasst von denen man sich trennen musste, nicht befördert wurden, andere Enttäuschungen, Zurückversetzungen oder Erniedrigungen erleben mussten oder sonst nicht mit dem Job klar kamen. Ist das aber eine Referenz für die Nachfolgenden?
Zum Beispiel (Stand: 7. September 2012)
Firma | Erfahrungsmeldungen | Aufrufe |
SBB | 130 | 72’885 |
Coop | 24 | 8’222 |
Migros | 15 | 12’173 |
UBS | 101 | 45’030 |
Credit Suisse | 110 | 39’596 |
Novartis | 28 | 24’497 |
Roche | 41 | 29’158 |
Werden zum Beispiel 130 Erfahrungsmeldungen den SBB gerecht? Wohl kaum. Dieser Arbeitgeber beschäftigt Zigtausende. Klar informieren Imagefilmchen, glanzvolle Broschüren, eine hippige Webpage, gezielte Artikel in den Print- und Elektromedien oder spezialisierte Blogs auch nur fragmentarisch über den potenziellen Arbeitgeber. Trotzdem geben die vielen Summanden auch einmal eine Summe an Eindrücken. Kununu ist ein höchstens Summand. Die Wirkung wird überschätzt.
Selbstverständlich braucht ein Unternehmen eine gute Portion Mut sich auf dieser Plattform zu präsentieren. Schliesslich kann es damit unter die Räder kommen und mit schlechten Beurteilungen überhäuft werden, weil es sich zum Beispiel gerade in einer Umstrukturierung befindet, einen Übernahmekampf zu bestehen hat, unter einer schlechten Nachfolgeregelung leidet oder wirklich ein mieses Management hat und somit wenig Anlass gibt für eine gute, stabile und fröhliche Betriebsstimmung.
Zum Beispiel dieser Beitrag über Novartis in Basel spricht Bände:
‚Eine Welt voller Glanz und Gloria – ein bisschen Hollywood gefällig ?
Vorgesetztenverhalten: Ein Grossteil der Vorgesetzten (Laborleiter), welche ich in über 15 Jahren kennengelernt habe, verfolgen Tag für Tag hauptsächlich persönliche und egozentrische Aspekte, zur Selbstdarstellung – oft mit entsprechender Arroganz, herablassenden Äusserungen, Macht- und Autoritätsspielchen bis hin zu Micromanagement und nahezu krankhafter Rechthaberei. Viele sind überfordert und zudem schlecht ausgebildet, um ihrer Führungsaufgabe professionell gerecht zu werden. Was in dieser Firma leider aussnahmslos zählt sind Rang und Titel – die Hauptsache ist, dass man sich gut verkaufen kann. Sozialkompetenz und professionelle Führung sind durchs Band Mangelware. Das mittlere Management darf davon aber nichts erfahren – Geheimhaltungspflicht ist angesagt ! Dies geht hin bis zum ausgesprochenen Kommunikationsverbot mit höheren Vorgesetzten inclusive entsprechender Androhung von Konsequenzen (falls man sich dem widersetzt) mittels schlechter Leistungsbeurteilung, was leider direkte Auswirkungen auf Lohn und Bonus hat. Armselige Methoden aus dem Mittelalter in einer Firma, die sich der ’neuen Künste‘ (Novae Artis) verschrieben hat ?! Motivation mit Peitsche – Willkommen im Kolosseum der Neuzeit!‘
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Da hat wahrscheinlich ein Ehemaliger seinem Unmut Raum verschafft und der Beitrag verkam zur ‚Kropfleerete’, auch wenn vielleicht ein Quäntchen Wahrheit dabei ist. Keine Firma ist perfekt. You can’t be everybody’s darling! Die Schreibenden der Erfahrungsmeldungen protokollieren aus ihrer subjektiven Sicht, die ihre eigene Befindlichkeit und persönlich Erfahrung mit einem Arbeitgeber widerspiegeln. Viele sind enttäuscht, frustriert, wütend, verletzt oder sonst wie nicht gut auf diese Firma zu sprechen. Für die mutigen Arbeitgeber, die sich auf kununu registrieren liessen, spricht, dass Sie sich öffentlich bewerten lassen. Die Plattform bietet auch den Arbeitgebern etwas: Interessierte Bewerber und Präsenz.
Die gefälligen Dienstleistungen für die Firmen (siehe Top Company oder Open Company) wiegen jedoch das Risiko eines Reputationsschadens nicht auf. Offenheit und Transparenz haben auch ihre Grenzen. Einerseits wird die Firma nolens volens in die Jauchegrube gestossen und dann soll sie wieder mit Veilchenduft aus dieser emporsteigen. Das ist ein Widerspruch, der einer registrierten Firma sicher nicht zum Vorteil gereicht. Nur weil eine Firma angeblich Prügel einstecken kann, heisst das noch lange nicht, dass sie auch die Stärke der Kritikfähigkeit besitzt. In erster Linie hat die Firma erfolgreich zu sein, damit sie ihre Statusberechtigung auf dem Markt erhalten und die auch nicht so zufriedenen Mitarbeitenden weiter beschäftigen kann.
Anonymität hat den Vorteil, dass man die Konsequenzen einer Erfahrungsmeldung nicht zu scheuen braucht. Anonymität kann sicher auch die Authentizität erhöhen. Man wagt das, was man sonst nicht wagt. Endlich die Firma oder den ehemaligen Arbeitgeber an den Pranger stellen zu können.
Ist das eine Dienstleistung, die Beteiligte und Betroffene weiter bringt? Wohl kaum. Sie bedient häufig in erster Linie die niedrigen Instinkte der Protokollierenden und befriedigt die Lüsternheit der Lesenden nach Heiklem. Unterhaltung kann auch anziehend sein. Ist die Dosis erreicht, werden sich wahrscheinlich viele ein wenig die Nase rümpfend wieder davon abwenden. Selbst mit kununu wird die Arbeitswelt nicht besser. Das unbeschriebene Blatt ist versudelt und verkrakelt. Hakuna Matata?
Mit diesem LINK kommen Sie zu einem Artikel der Zürichsee-Zeitung mit dem Titel: ‚Mitarbeiter lästern im Netz über ihre Chefs‘.